
Putins Krieg in der Ukraine: Kein Sport mit Russland
Frankfurter Rundschau
Wer wie Putin den Sport benutzt, um sein Land und sich auf die Bühne zu stellen, den trifft es, wenn sich der Vorhang gar nicht erst hebt. Ein Kommentar.
Domenico Tedesco, der junge Trainer von RB Leipzig, hat diesen Satz gesagt, der zum Standard-Repertoire der Argumentation gehört, wenn es um die Sinnhaftigkeit von Boykotten im Sport geht: „Es trifft immer die Falschen, die Sportler und die Fans.“
Tedesco hat selbst in Russland gearbeitet, seine emotionale Bindung ist eine andere als die der meisten seiner Berufskollegen, und ja, das ist nicht von der Hand zu weisen: Büßen müssen auch Menschen, die mit der Sache nichts zu tun haben. Aber: Vor allem und mehr als jede russische Sportlerin und jeden russischen Athleten trifft, was Wladimir Putin veranstaltet, die überfallenen Ukrainer. Es werden Leben zerstört, Existenzgrundlagen genommen.
Gesellschaftlicher Konsens muss sein, dass der Krieg zu beenden ist, und dazu sind Einschränkungen des Sportverkehrs ein probates Mittel. Wer wie Putin den Sport benutzt, um sein Land und sich auf die Bühne zu stellen und seine politische Agenda voranzutreiben, auch mit staatlich gelenktem Doping, den trifft es, wenn der Vorhang sich gar nicht erst hebt.
Wir werden keine russische Fußball-Nationalmannschaft sehen – verkraftbar. Keine russische Eishockey-Sbornaja – das schmerzt, wenn man dieses Spiel liebt und weiß, wie sehr russische Schule es verkörpert. Ganz klar: Manche Sportart wird in nächster Zeit weniger wert sein. Doch trotz des Bannes durch die gesamte Sportlandschaft werden wir russischen Aktiven begegnen, die als Einzelsportler unter neutraler Flagge auftreten oder die bei Klubs der westlichen Welt unter Vertrag stehen und dort ihrem Job nachgehen.
Es wird an uns liegen, sie einer differenzierten Betrachtung zu unterziehen. Wir sollten von keinem verlangen, dass er sich offen gegen das Putin-Regime stellt, denn sein Umfeld zuhause könnte dem Zugriff der Diktatur ausgesetzt sein. Wir sollten ein Gespür entwickeln für die belastende Situation, der Russinnen und Russen, so sie noch an den Start gehen können, ausgesetzt sind. Doch wir sollten jenen applaudieren, die klar Stellung beziehen gegen ihren Präsidenten, wie es die Tennisprofis Daniil Medwedew und Andrej Rublow vergangene Woche getan haben.