
Putins digitaler Kampf um die Ukraine: Cyberattacke auf die FR
Frankfurter Rundschau
Aufgrund der Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt kommt es zu einer Cyberattacke auf die Frankfurter Rundschau.
Mit dem gewaltsamen Eindringen der russischen Truppen über die Grenze der Ukraine wurde auch im digitalen Raum eine Grenze überschritten. Zeitgleich mit dem konventionellen Krieg wird der Informationskrieg geführt, wovon auch die FR direkt betroffen ist.
Seit der Verlagerung der Truppen an die Grenze der Ukraine wächst das Aufkommen an Kommentaren auf unserer Webseite und in unseren Auftritten in den sozialen Medien merklich. Unser Community-Team, das alle digitalen Angebote der Ippen-Gruppe, zu der auch die FR gehört, gemeinsam in einem Wartungsprogramm betreut, meldet seitdem das stets gleiche Muster. Wo immer „Ukraine“ erwähnt wird, wiederholen meist männliche Kommentatoren, dass die Ukraine „eigenes Territorium“ Russlands sei, die Nato bei der Osterweiterung „gelogen“ habe und es zu „Folterungen“ und „Menschenrechtsverletzungen“ in der Ostukraine komme. Die Texte wirken dabei oft hölzern, manche wie schlechte Übersetzungen.
Diese Kommentare werden zumeist von neu registrierten Accounts verfasst, die pro Tag 50 bis 100 Beiträge veröffentlichen. Diese Kampagnen-Konten sperrt das Team schnellstmöglich und löscht die dazugehörigen Desinformations-Postings. Etwa bei Facebook geht das mit dem von uns genutzten Programm derart, dass alle sechs Sekunden ein Kommentar gelöscht werden kann. Sollten mehr entfernt werden müssen, werden diese in einer Warteschleife im Sechssekundentakt abgearbeitet.
Seit der Kriegserklärung ist die Zahl dieser Kommentare sprunghaft gestiegen. Waren es vorher im Ippen-Netzwerk im Durchschnitt 22.000 Beiträge am Tag, sind es seither 35.000 und mehr. Da die zusätzlichen Kommentare zumeist offensichtlich alle zur pro-russischen Desinformationskampagne gehören, müssen diese auch zusätzlich entfernt werden und belasten die Warteschleife. Dies führte kurzfristig zu einer Überlastung der Löschfunktion, der digitale Krieg hatte sein Ziel erreicht.
Die Attacke hat nicht dazu geführt, dass wir die Kommentarfunktion einstellen. Wir werden uns nicht aus dem digitalen Raum zurückziehen. Im Gegenteil: Wir sind davon überzeugt, dass es umso wichtiger ist, journalistische Aufklärung zu betreiben und offen zu diskutieren, je stärker dies unterdrückt werden soll. Wir halten die Meinungsfreiheit für einen fundamentalen Wert der Demokratie und verteidigen das Recht, diese Meinung auch im digitalen Raum zu sagen. (Thomas Kaspar, FR-Chefredakteur)