Putin-Eklat im Staats-TV: Kritiker zieht Parallele zu gestürztem Zar – der Unmut wächst
Frankfurter Rundschau
Wladimir Putin erinnert einen seiner Kritiker an Zar Nikolaus I., der einst um die Krim kämpfte. Das ist aber längst nicht die einzige Parallele.
Moskau – Wladimir Putin sieht sich selbst als einen der größten Staatenlenker in der Geschichte von Russland. Deshalb wähnt sich der Kreml-Chef offensichtlich auf einer Mission, um seinem Land wieder zum Glanz vergangener Tage zu verhelfen. Um in der Geschichte in einem Atemzug mit Peter dem Großen oder Alexander I. genannt zu werden. Zu beiden schaut der 70-Jährige auf.
Unter Peter I. war das russische Kaiserreich zu einer europäischen Großmacht aufgestiegen, Alexander I. gelang es, den Angriff Napoleons trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit zurückzuschlagen. Von solchem Ruhm ist Putin jedoch weit entfernt. Nun muss er sich sogar mit einem anderen Zaren vergleichen lassen – und das wird ihm ganz sicher nicht schmeicheln.
„Je mehr ich mich damit beschäftige, wie sich Putin entwickelt, umso mehr sehe ich in ihm eine unheimliche Kopie von Zar Nikolaus I.“, stellte Boris Nadeschdin in einer Talkrunde im russischen Fernsehen nicht nur wegen des Ukraine-Kriegs fest. Den knapp einminütigen Clip twitterte eine selbsternannte ukrainisch-amerikanische Künstlerin mit dem Namen „Natalka“ von der Organisation „Maidan United“, die seit 2014 Spenden für die Ukraine sammelt. Versehen ist der Ausschnitt mit englischen Untertiteln.
Auf dem Twitter-Account werden täglich zahlreiche Videos und Nachrichten im Zusammenhang mit der Invasion veröffentlicht. Zu dem genannten Clip schrieb sie: „Boris Nadeschdin sollte sich besser von offenen Fenstern fernhalten … Ehrlich gesagt bin ich erstaunt, dass es ihn noch gibt.“ Was natürlich nichts anderes heißen soll, als dass der ehemalige Parlaments-Abgeordnete gefährlich lebt. Denn Nadeschdin ist als Putin-Kritiker bekannt und hält sich mit seiner Meinung auch nicht zurück. So wird er in den Talksendungen oft zum Prügelknaben unter den Gästen.
Aber zurück zu seinem Vergleich zwischen Putin und Nikolaus I., der seinem kinderlosen Bruder Alexander I. folgte und damit etwas unverhofft an die Macht kam. „1825 bestieg Nikolaus I. durch einen Zufall den Thron. Genau wie bei Putin. Nikolaus I. hätte nie ein Zar sein sollen. Da stand eine ganze Schlange vor ihm“, monierte Nadeschdin, ohne Namen der Personen in der Schlage zu nennen. Auch bei Putin ging es schnell nach ganz oben, der ehemalige KGB-Agent stieg im Jahr 2000 nur wenige Monate nach seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten zum Präsidenten auf, weil Boris Jelzin während seiner zweiten Amtszeit zurücktrat.