![Putin braucht die Pipeline](https://bilder4.n-tv.de/img/incoming/crop23082967/1561325398-cImg_16_9-w1200/270012751.jpg)
Putin braucht die Pipeline
n-tv
Mit jeder Eskalation an der Grenze zur Ukraine sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Nord Stream 2 in Betrieb genommen wird. Für Deutschland ist das verkraftbar: Die Abschaltung der Pipeline würde allenfalls höhere Gaspreise bedeuten. Doch Russland hat mit Nord Stream 2 viel mehr zu verlieren.
Erst ein Treffen mit US-Präsident Joe Biden, dann mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: Bundeskanzler Olaf Scholz nimmt die Worte Nord und Stream und die Zahl zwei nicht in den Mund. Der SPD-Politiker lässt sich lange nicht darauf festlegen, dass eine Eskalation an der russisch-ukrainischen Grenze das Aus für das Pipelineprojekt Nord Stream 2 bedeuten würde - bis er den russischen Präsidenten trifft. Erst nach dem Vieraugengespräch mit Wladimir Putin erlaubt sich Scholz, den Namen der Pipeline auszusprechen. Möglicherweise, weil er ein Zeichen setzten möchte. Und, weil er weiß, wie schmerzhaft eine solche Entscheidung für Putin wäre.
Denn so wie Deutschland sich von russischen Gasimporten abhängig gemacht hat, hat sich Russland von Gasexporten nach Europa abhängig gemacht. Die 1230 Kilometer lange Nord-Stream-2-Pipeline soll jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas liefern. Zum Vergleich: 2020 hat Deutschland 86,5 Milliarden Kubikmeter Gas verbraucht. Für die Deutschen würde die noch nicht in Betrieb genommene Pipeline vor allem zu einer Preissenkung führen - für die Gasversorgung ist sie nicht notwendig. Für Putin geht es um viel mehr, als nur um die Kaufpreise.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die russische Wirtschaft zunehmend in Richtung einer sogenannten Petroökonomie entwickelt. Die direkten Einnahmen aus Öl und Gas machten 2019 rund 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Mehr als die Hälfte der Exportwirtschaft besteht aus Erdöl und Erdgas. Und dabei bleibt es nicht. Denn rund um die Gas- und Ölförderung entstehen ganze Dörfer, Industrien und sehr hohe Löhne, die die Wirtschaft ankurbeln.