
Protest gegen Ukraine-Krieg „sendet Schockwellen durch die russische Gesellschaft“
Frankfurter Rundschau
Während einer Live-Sendung demonstriert eine Journalistin gegen den Ukraine-Krieg. Nun steht das Urteil gegen Marina Owssjannikowa fest.
Update vom Mittwoch, 16.03.2022, 06.25 Uhr: Die Russland-Expertin Daria Khrushcheva wertet den Protest von Marina Owssjannikowa im russischen Fernsehen als Tendenz, dass sich russische Journalisten vermehrt gegen Wladimir Putin stellen. „Das ist ein gutes Zeichen“, sagte die Slawistin von der Ruhr-Universität Bochum dem Evangelischen Pressedienst. Die Aktion zeige, dass Journalisten, die für staatliche Medien in Russland arbeiten, etwas unternähmen. So sei auch die prominente Moderatorin Lilia Gildeeva aus Russland geflohen und habe dann aus Protest über die russische Propaganda in den Medien gekündigt.
+++ 19.15 Uhr: Der Protest der Journalistin Marina Owssjannikowa gegen den Ukraine-Krieg im russischen Live-Fernsehen scheint die gewünschte Wirkung zu erzielen. Die Aktion habe „Schockwellen durch die russische Gesellschaft“ geschickt, sagte Yakov Kronrod, einem US-Amerikaner mit russischen Wurzeln, der sich zurzeit in Moskau aufhält, gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN. Laut Konrod würden sogar staatstreue Medien wie das Portal Yandex News über den Protest berichten. „Auf ihrer Facebook-Seite wurden tausende Kommentare hinterlassen“, so Konrod. „Das könnte sehr gut der Start einer ganzen Welle an Protesten sein.“
Update vom Dienstag, 15.03.2022, 18.12 Uhr: Nach ihrem Protest gegen den Ukraine-Krieg im russischen Staats-TV ist die Journalistin Marina Owssjannikowa in Moskau zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (226 Euro) verurteilt worden. Das Urteil erging, weil Owssjannikowa in einem Video zu Protesten gegen den Krieg von Kremlchef Wladimir Putin in der Ukraine aufgerufen habe, wie das Bürgerrechtsportal OWD-Info am Dienstag (15.03.2022) meldete.
Zuvor sagten ihre Anwälte gegenüber der BBC, dass sie die Journalistin über Stunden nicht erreichen hätten können und sie verschwunden sei. Später teilte der prominente russische Journalist Alexej Wenediktow jedoch ein Foto der Redakteurin mit ihrem Anwalt Anton Gaschinski in einem Gerichtsgebäude.
Auch die EU hatte sich nach dem zeitweiligen Verschwinden Owssjannikowas besorgt gezeigt. „Ihre Anwälte dürfen keinen Kontakt zu ihr aufnehmen“, sagte ein Sprecher des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell. Der Protest sei das jüngste Beispiel einer mutigen Haltung, welche die Lügen und Propaganda des Kreml widerlege.