Prophet der Pop-Art: Richard Hamilton zum 100.
DW
Er gilt als Gründungsvater der Pop-Art. Lange vor Andy Warhol schlachtete der Brite Richard Hamilton den Bilderschatz der populären Kultur für seine Kunst aus.
Der Brite Richard Hamilton ist weitaus weniger bekannt als seine US-amerikanischen Kollegen Andy Warhol oder James Rosenquist. Vielleicht liegt das daran, dass er zu früh dran war. Noch bevor in den USA Künstler den Bilderschatz der populären Kultur, die Fotografie, den Film und die Werbung für ihre Zwecke ausschlachteteten, arbeitete in Großbritannien Richard Hamilton als junger Bilderstürmer daran, die hohe Kunst von ihrem angestammten Sockel zu holen und die Techniken der Massenproduktion in die Malerei einzuführen.
Nachdem er in London verschiedene Kunstschulen besucht hatte, startete Hamilton Anfang der 1950er-Jahre seine Karriere als britischer Pop-Art-Künstler. Damals war Hamilton einer der führenden Köpfe der Intellektuellen- und Künstler-Bewegung "Independent Group". Sie beschäftigte sich erstmals mit Phänomenen wie Werbung, Film oder Boulevardmagazinen.
Als ich ihn vor zwanzig Jahren während einer Ausstellung im Kölner Museum Ludwig dazu befragte, erinnerte er sich folgendermaßen an diese Zeit. "In den 1956er- bis 1957er-Jahren habe ich angefangen, mir darüber Gedanken zu machen, warum sich die Künstler mit Dingen beschäftigen, die mit ihrem Alltag überhaupt nichts zu tun haben. Wir alle gingen damals mindestens dreimal die Woche ins Kino.
Doch die meisten kehrten in ihr Atelier zurück und malten monochrome oder abstrakte Bilder. Deshalb habe ich ein Programm aufgestellt, in dem ich alles niedergeschrieben habe, was mir für eine zeitgemäße Kunst wichtig schien. Eine Art Manifest, von dem ich hoffte, dass es auch meine Kollegen interessieren würde - was allerdings nicht der Fall war." So ist das wohl, wenn die Zeit noch nicht reif ist. Doch Hamilton, der über die Werbung zur Kunst fand, ließ sich nicht beirren.
Die erste künstlerische Umsetzung dieses Manifests war die Installation "Spaß-Haus", die Hamilton 1956 für die Londoner Ausstellung "This is tomorrow" entwarf. Der Besucher zwängt sich durch einen engen Gang vorbei an Pin-Up-Bildern, Hunderten von Anzeigen, Filmplakaten und drehenden Farb-Scheiben. Aus einer Juke-Box plärren abwechselnd Elvis Presley und Little Richard. Am Ende darf der Besucher aktiv werden und in ein Mikrofon sprechen. "Mit den Dingen, die ich im Spaß-Haus ausstellte, versuchte ich das Lebensgefühl der jungen Leute wiederzugeben. Musik, Science Fiction-Filme, Dinge. Damit stand ich ziemlich allein in der Ausstellung da. Alle anderen warfen eher einen Blick zurück als in die Zukunft. Aber gerade mein Beitrag sorgte für Furore."