Präsidentschaftswahl in Frankreich: Warum Sonntag auch für Deutschland zum Schicksalstag werden könnte
RTL
Wenige Tage vor der Stichwahl in Frankreich liegt Emmanuel Macron in den Umfragen knapp vorne. Doch ausgeschlossen ist ein Sieg von Marine Le Pen nicht.
Wenige Tage vor der Stichwahl in Frankreich liegt Emmanuel Macron in den Umfragen knapp vorne. Doch ausgeschlossen ist ein Sieg von Marine Le Pen nicht. Nie war das rechtsnationale Lager näher an der Macht. Sollte Le Pen gewinnen, hätte das nicht nur verheerende Folgen für Frankreich – auch Deutschland und die EU wären stark betroffen.
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Am Sonntag haben die Franzosen die Wahl: Bleibt der liberale und proeuropäische Präsident Emmanuel Macron trotz nicht zu überhörender Kritik fünf weitere Jahre im Amt? Oder gelingt der rechtsnationalen Marine Le Pen im dritten Anlauf der Triumphzug in den Élyséepalast? Das bedeutet für die Wähler auch: Will man das Risiko von Turbulenzen im eigenen Land und in Europa eingehen, die mit dem von Le Pen angekündigten Politikwechsel unweigerlich drohen? Oder setzt man trotz des Politikfrusts in der aktuellen Krise lieber auf Kontinuität?
Kurz vor dem letzten TV-Duell der Kandidaten hatten Umfragen den amtierenden Präsidenten in knapper Führung gesehen: 55,83 Prozent der Befragten hätten für ihn gestimmt. Nach der mehr als zweieinhalbstündigen TV-Debatte hielten zwei von drei Zuschauern den Mitte-Politiker für den überzeugenderen Kandidaten, wie eine Umfrage des Instituts Elabe ergab. Inwiefern sich das auch am Sonntag widerspiegeln wird, ist unklar.
Ob aus der Wirtschaft oder der Politik: Immer wieder werden vor der Wahl Rufe nach einem Schutzwall gegen Rechts laut. So etwa riefen zuletzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die linken Regierungschefs Spaniens und Portugals, Pedro Sánchez und António Costa, dazu auf, Macron zu wählen. Man hofft, den Sieg des rechtsnationalen Lagers so erneut in der Endrunde der Wahl verhindern zu können: Das gelang bei Le Pen bereits 2017 und zuvor bei ihrem Vater Jean-Marie im Jahr 2002.
Doch Le Pen versucht ihrerseits, diejenigen, die die Politik des Amtsinhabers Macron mehr als satt haben und die zuvor als "Gelbwesten", Impfgegner oder vernachlässigtes Schul- und Klinikpersonal auf die Straße gingen, zu einer Blockade gegen ihren Kontrahenten zu mobilisieren.
Marine Le Pen weiß sich zu wandeln. Zum dritten Mal nimmt die rechte Politikerin Anlauf auf Frankreichs höchstes Staatsamt - und es scheint, als werde sie von Wahlkampf zu Wahlkampf glatter. Auf der Suche nach neuen Wählern, die sie endlich in den Élyséepalast bringen könnten, versucht sie, die radikal rechte Vergangenheit ihrer Partei weit hinter sich zu lassen.
Die studierte Juristin übernahm 2011 die Partei Front National von ihrem Vater Jean-Marie. Das alte rassistische Vokabular verbannte sie, den Vater ließ sie ausschließen, als der die Gaskammern der Nazis erneut als "Detail der Geschichte" bezeichnet hatte. Mittlerweile gilt die in Rassemblement National umbenannte Partei bis in Teile des bürgerlich rechten Lagers hinein als wählbar - eine Errungenschaft, die viele Le Pen persönlich anrechnen.