Präsidentschaftswahl in Costa Rica: Kampf um die Gunst der Glücklichen
Frankfurter Rundschau
In Costa Rica wird heute ein neues Staatsoberhaupt gewählt. Gesucht wird eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger des Sozialdemokraten Carlos Alvarado.
San José - Man verliert leicht den Überblick, wenn man sich das Bewerberfeld für die Präsidentschaftswahl in Costa Rica an diesem Wochenende anschaut. 22 Männer und drei Frauen wollen das kleine zentralamerikanische Land regieren, das noch immer ein Hort an Stabilität und Demokratie in einer Region ist, die von Gewalt, Migration und Autokraten gekennzeichnet ist. Nie zuvor gab es so viele, die sich in das höchste Amt in einer der solidesten und langlebigsten Demokratien Lateinamerikas wählen lassen wollen.
Aber nur dreien von ihnen wird am Sonntag eine realistische Chance eingeräumt, wenigstens in eine zweite Runde Anfang April einzuziehen, wobei ein Drittel der Wahlberechtigten bis kurz vor der Abstimmung noch unentschlossen war, wo sie ihr Kreuz machen wollten.
Die besten Chancen auf einen Sieg hat den jüngsten Umfragen zufolge José María Figueres von der Zentrumspartei PLN. Der 67-Jährige ist nicht gerade ein Newcomer, aber er bringt zumindest Erfahrung mit. Er regierte Costa Rica schon von 1994 bis 1998. Mit Figueres ringen die liberal-konservative Ex-Vizepräsidentin Lineth Saborío und der rechte evangelikale Prediger Fabricio Alvarado um den ersten Platz. Aber niemand aus diesem Trio erreicht den Prognosen zufolge 20 Prozent der Stimmen. Nötig für einen Sieg in der ersten Runde wären aber 40 Prozent.
Figueres, Saborío und Alvarado gehören dem liberalen oder rechten Lager an. Die Bevölkerung hat anscheinend vorerst genug von der Mitte-links-Partei PAC des scheidenden Staatschefs Carlos Alvarado. Ihn machen die fünf Millionen Costaricaner für die hohe Arbeitslosigkeit und jüngsten Fälle von Korruption verantwortlich. Die Arbeitslosenquote von 14,4 Prozent ist die höchste seit einem Jahrzehnt. „Die PAC hat sich nach zwei Amtszeiten verschlissen“, sagt die politische Analystin Eugenia Aguirre. Und Präsident Alvarado würden dreiviertel der Bevölkerung einen schlechten Job bescheinigen.
Insgesamt geht es bei dieser Abstimmung um die Frage, wie das Modell eines kleinen tropischen Wohlfahrtsstaates aufrecht zu erhalten ist, in dem es keine Armee gibt, aber dafür ein gutes Bildungs- und Gesundheitssystem. Dinge, die für Lateinamerika ganz und gar nicht zur Normalität gehören. Aber auch in Costa Rica verschlechtern sich die sozialen Indizes, wozu auch die Pandemie beigetragen hat.