
Plötzlich zweifeln die Franzosen, ob die Rente wirklich in Gefahr ist
Die Welt
Die Regierung von Präsident Macron bleibt hart: Eine schrittweise Anhebung des Rentenalters auf 64 sei „nicht verhandelbar“. Was aus Sicht europäischer Nachbarn wie eine behutsame Reform wirkt, bringt die Franzosen in Rage. Denn sie rührt an einem Tabu der Arbeitskrise.
Der Widerstand gegen Emmanuel Macrons Rentenreform wächst, die Fronten verhärten sich. Die allmähliche Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 sei „nicht verhandelbar“, sagte Frankreichs Regierungschefin Elisabeth Borne, kurz bevor die Gewerkschaften in ungewohnter Geschlossenheit am Dienstag zum zweiten Aktionstag aufriefen. Die Gegner der Reform hat Bornes mangelnde Kompromissbereitschaft motiviert, noch zahlreicher auf die Straße zu gehen als beim ersten Streiktag vor zehn Tagen.
„Ich schlage Madame Borne vor, mal einen Quadratmeter Kachelfußboden mit mir auf Knien zu verlegen, dann reden wir weiter über die Altersgrenze“, lud einer der Demonstranten die Regierungschefin ein. Vor einer Pariser Schule hing das Schild „Born Out“, was man sowohl als Rücktrittsappell an die Premierministerin als auch als Anspielung auf verschlechterte Arbeitsbedingungen verstehen kann. Der ungeschickte Reformversuch Macrons hat in Frankreich eine heftige Debatte über Arbeitsbedingungen, soziale Ungerechtigkeit und Arbeitsmoral ausgelöst.