Pläne der Ampel-Regierung: Kein Aufbruch – aber die richtigen Schritte
Frankfurter Rundschau
Der Koalitionsvertrag der Ampel ist bei Thema Außenpolitik kein großer Wurf, weist aber an vielen Stellen in die richtige Richtung. Der Leitartikel.
Frankfurt – Man sollte die künftige Ampelkoalition in der Außenpolitik beim Wort nehmen und kritisch begleiten, statt nur zu sagen: Das reicht nicht. Im Koalitionsvertrag finden sich einige gute Ansätze und ausbaufähige Kompromisse. Sie rechtfertigen das hochtrabende Motto „Mehr Aufbruch wagen“ zwar nicht und setzen an vielen Punkten auf Kontinuität, statt tatsächlichen Fortschritt. Doch liefern sie beispielsweise für die Europäische Union eine Vision und damit deutlich mehr an Orientierung als die Vorgängerregierung von Angela Merkel.
Rot-Grün-Gelb will die EU weiterentwickeln in einen föderalen Bundesstaat, der innere Widersprüche und ungleiche Entwicklungen korrigiert und Herausforderungen von außen gemeinsam angeht. Für dieses Ziel soll es einen echten EU-Außenminister geben, ein europäisches Wahlrecht mit transnationalen Listen und ein verbindliches Spitzenkandidaten-System. Und die laufende Konferenz zur Zukunft Europas soll in einen verfassungsgebenden Konvent münden.
Diese Ideen lassen sich natürlich nicht von heute auf morgen umsetzen. Sie reichen also weit über die Legislaturperiode hinaus. Doch gemeinsam mit dem Duo Italien und Frankreich, das seine Beziehungen jüngst mit dem Quirinalsvertrag deutlich verbessert hat, könnte auf diesem Weg die EU zusammenrücken und die Lehren gezogen werden aus dem EU-Austritt Großbritanniens, dem Wiedererstarken des Nationalismus in vielen Staaten sowie den Differenzen in der Corona-Krise.