
Pestizidhersteller unterschlagen Studien – Neuzulassung von Glyphosat ein Fehler?
Frankfurter Rundschau
Die Zulassung von Glyphosat wurde Anfang Juli EU-weit verlängert. Laut einer Studie haben die Hersteller jedoch wichtige Informationen unterschlagen.
Brüssel – Anfang Juli hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Zulassung für das Pestizid Glyphosat als unbedenklich beurteilt. „Bei der Bewertung der Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt wurden keine kritischen Bereiche ermittelt, die Anlass zur Sorge geben“, erklärte die EFSA in einer am 6. Juli veröffentlichten Neubewertung.
Am Dienstag (20. Juli) erklärte die EU-Kommission jetzt, dass die Agrochemiekonzerne Bayer und Syngenta gegen rechtliche Verpflichtungen verstoßen hätten, weil sie Informationen über das Toxizitätsrisiko von Pestiziden zurückgehalten hätten.
„Dies ist sehr besorgniserregend und wir halten es für einen Verstoß gegen die rechtlichen Verpflichtungen dieser Unternehmen“, so Claire Bury, stellvertretende Generaldirektorin der europäischen Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (GD SANTE) während eines Treffens mit Umweltgesetzgeberinnen und -gesetzgebern im Europäischen Parlament. Grundlage der Anschuldigungen ist eine im Juni veröffentlichte Studie aus dem Environmental Health Journal. Diese zeigt auf, dass die betreffenden Unternehmen, die Agrochemie-Riesen Bayer und Syngenta, mehrere Hinweise zur Hirntoxizität einiger ihrer Pestizide nicht bei den zuständigen EU-Behörden eingereicht haben.
Das ist problematisch, weil die Sicherheitsbewertungen von Pestiziden und anderen Pflanzenschutzmitteln (PSM) in der EU sich weitgehend auf Studien stützen, die von den Herstellern der Produkte in Auftrag gegeben wurden. Die Unternehmen sind daher verpflichtet, alle Ergebnisse an die Behörden weiterzuleiten, insbesondere an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA). Die Forscher stellten jedoch fest, dass von den 35 Studien, die die Unternehmen den US-Behörden vorgelegt hatten, neun der EU nicht vorgelegt wurden. Obwohl die meisten von ihnen „tatsächliche oder potenzielle Auswirkungen auf die Regulierung“ gehabt hätten, so die Studie.
Im speziellen Fall des Pestizids Glyphosat weist das Papier auf eine 2001 vom Hersteller Syngenta in Auftrag gegebene Studie hin, die vom „Central Toxicology Laboratory“ in Texas durchgeführt wurde. Die US-amerikanische Umweltbehörde (Environmental Protection Agency) hatte aus den Daten in den beiden höchsten Dosierungen Wirkungen auf die motorische Aktivität der Nachkommen ermittelt. Dabei waren bei den Müttern keine Vergiftungserscheinungen aufgetreten. In das Dossier für Glyphosat im Jahr 2021 sei die Studie nicht aufgenommen worden. Die ECHA habe die schädlichen Wirkungen bestätigt, aber erklärt, dass sie nicht beurteilen könne, ob diese Wirkungen durch die Testverbindung oder durch Verunreinigungen hervorgerufen wurden.