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Parisa Farshidi: "Elnaz Rekabi ist eine Volksheldin"
DW
Taekwondo-Kämpferin Parisa Farshidi stammt aus dem Iran. Den Fall der Sportkletterin Elnaz Rekabi und die gewaltsame Niederschlagung der Proteste gegen das Mullah-Regime in ihrer Heimat betrachtet sie mit großer Sorge.
"Elnaz Rekabi ist definitiv eine Volksheldin. Während andere Nationalsportler durch ihr Schweigen negativ aufgefallen sind, hat sie durch ihren Mut ihren Protest gegen das diktatorische Mullah-Regime eindrucksvoll demonstriert", sagt Parisa Farshidi im Gespräch mit der DW. Sie findet, dass die Sportkletterin nach ihrem Auftritt ohne Kopftuch bei den Asienmeisterschaften in Seoul zurecht mit Applaus am Flughafen empfangen wurde. "Diese Tat von Elnaz Rekabi ist ohne Zweifel ein großer Tabubruch innerhalb des diktatorisch-islamischen Regimes."
Farshidi kommt zwar aus einer anderen Sportart als Rekabi, doch auch sie weiß, welcher Druck auf Athletinnen lastet, die bei internationalen Wettbewerben im Ausland für den Iran antreten. Die Taekwondo-Kämpferin hatte 2010 bei den Asienspielen in Guangzhou in China die Silbermedaille für ihr Heimatland gewonnen. Jedoch zeigte sie sich danach bei Feierlichkeiten nach Ansicht der Sittenwächter des Regimes zu freizügig.
"Ich wurde wegen des Tragens einer Sonnenbrille und weil ich meine Fingernägel lackiert hatte, von der Sittenpolizei festgenommen und zum Verhör zitiert", berichtet Farshidi. "Ich musste deswegen gegenüber dem iranischen Taekwondo-Verband Rechenschaft ablegen und wurde außerdem aus dem Nationalteam geworfen." 2019 verließ Farshidi ihre Heimat. Sie beantragte in Deutschland Asyl und lebt und trainiert seitdem in Berlin. Hier führt sie ein freies Leben, wie es für junge Frauen im Iran nicht möglich ist.
Heute erschreckt es sie, wenn sie darüber nachdenkt, was mit Mahsa Amini passiert ist. Die junge Frau wurde auf offener Straße wegen eines schief sitzenden Kopftuchs von der Sittenpolizei verhaftet. Ihr noch immer ungeklärter Tod in Polizeigewahrsam war der Auslöser für die heftigen Proteste, die den Iran seit Wochen beherrschen - und die seitdem vom Mullah-Regime gewaltsam niedergeschlagen werden. "Ich hätte selbst anstelle von Mahsa Armini sein können", sagt Farshidi. "Ich habe dasselbe erlebt wie sie, wenn ich im Iran zur Universität oder zum Training gegangen bin. Die Sittenpolizei hat mich in ähnlicher Form drangsaliert."
Seit Aminis Tod und dem Beginn der Proteste kommt Farshidi in Deutschland kaum zur Ruhe. Sie verfolgt die Geschehnisse mit großer Sorge. "Als ich zuletzt mit meiner Schwester sprechen konnte, erzählte sie mir, dass meine Familie auch auf die Straße geht, protestiert und für die Freiheit kämpft", berichtet Farshidi der DW. "Meine Nichte wurde von der Polizei misshandelt, ihre Hände sind blutig geschlagen worden."