Paris nimmt Freiheit zur Abtreibung in Verfassung auf
n-tv
Mit überwältigender Mehrheit und lang anhaltendem Beifall verankert Frankreichs Parlament das Recht auf Abtreibung in der Verfassung. Premier Attal nennt die weltweite Vorreiterrolle seines Landes eine "moralische Pflicht". Der Vatikan äußert Skepsis.
Frankreich nimmt als weltweit erstes Land die "Freiheit zur Abtreibung" in die Verfassung auf. Die Abgeordneten beider Kammern des Parlaments stimmten im Schloss von Versailles mit 780 zu 72 Stimmen für die entsprechende Verfassungsänderung. Die Bekanntgabe des Ergebnisses wurde mit anhaltendem Beifall begrüßt. Die 925 Mitglieder der Nationalversammlung und des Senats waren gemeinsam zur Abstimmung aufgerufen. Die nötige Drei-Fünftel-Mehrheit war erwartet worden, da beide Kammern des Parlaments bereits zuvor mit großer Mehrheit für das verfassungsmäßig verankerte Recht auf Abtreibung gestimmt hatten.
Damit ist Frankreich weltweit das erste Land, dass die "garantierte Freiheit" zum Schwangerschaftsabbruch ausdrücklich in der Verfassung verankert. "Frankreich ist an der Spitze des Fortschritts", betonte die Vorsitzende der Nationalversammlung, Yaël Braun-Pivet in Anspielung auf Länder, in denen das Recht auf Abtreibung beschnitten wird, etwa in den USA oder in Osteuropa. "Wir haben eine moralische Pflicht gegenüber den Frauen", sagte Premierminister Gabriel Attal zum Auftakt der Sitzung. Er erinnerte an die Frauen, die bei heimlichen Abtreibungen gestorben seien.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte mit dem Vorschlag 2022 auf Einschnitte in das Abtreibungsrecht in den USA reagiert. Die Verfassungsänderung hat in erster Linie symbolischen Charakter. Der Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein ist in Frankreich bis zur 14. Woche gesetzlich gewährleistet. Mehr als 80 Prozent der Franzosen befürworten die Verfassungsänderung.