Palästinenserpräsident Abbas empört in Berlin mit Holocaust-Vergleich
DW
Nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz warf Palästinenserchef Mahmud Abbas Israel einen "Holocaust" vor - und löste damit heftigste Kritik aus. Auch fiel bei der Pressekonferenz der Begriff "Apartheid".
Bundeskanzler Olaf Scholz sieht keine "Apartheid" in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten. Er wolle sich diesen Ausdruck nicht zu eigen machen, sagte Scholz nach einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Berlin. Dieser hatte zuvor von "Apartheid" gesprochen und schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben. Abbas forderte die EU und die Vereinten Nationen (UN) auf, den palästinensischen Staat vollständig anzuerkennen.
Derzeit besitzen die Palästinenser nur einen Beobachterstatus bei den UN. Scholz wies Abbas' Forderung jedoch zurück. Deutschland unterstütze weiterhin eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israelis und Palästinensern, sagte er. Dies sei "nicht die Zeit, daran etwas zu ändern".
Abbas äußerte sich enttäuscht, dass auch die USA nach dem Besuch von US-Präsident Joe Biden keine Schritte für eine neue Nahost-Initiative unternommen hätten. "Wir warten bis heute, dass praktische Schritte den Worten folgen", sagte er mit Blick auf Biden, der sich ebenfalls für eine Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen hatte.
Für schwere Irritationen sorgte Abbas, als er Israel einen "Holocaust" an den Palästinensern vorwarf. Israel habe "50 Massaker, 50 Holocausts" an Palästinensern begangen. Scholz verfolgte die Äußerungen sichtlich verärgert und mit versteinerter Miene, und er machte auch Anstalten, sie zu erwidern. Sein Sprecher Steffen Hebestreit hatte die Pressekonferenz aber unmittelbar nach der Antwort Abbas' für beendet erklärt. Die Frage an den Palästinenserpräsidenten war schon vorher als die letzte angekündigt worden. Hebestreit berichtete später, dass Scholz empört über die Äußerung Abbas' gewesen sei.
DW-Korrespondentin Nina Haase, die bei der Pressekonferenz anwesend war, analysierte den Vorfall so: "Scholz sah hier nicht gut aus. Aber es ist auch unklar, ob Abbas seiner Sache einen Gefallen getan hat, indem er den deutschen Bundeskanzler auf diese Weise wissentlich provozierte. Es könnte sich auf die künftige Unterstützungsbereitschaft von Scholz auswirken."