Olympia in China: Beschädigte Spiele
Frankfurter Rundschau
Selten widersprachen Wettkämpfe den olympischen Idealen so sehr wie jene in China. Dafür sind das IOC und Peking verantwortlich.
Peking – Selten haben Olympische Winterspiele die Ideale der Wettkämpfe so wenig verwirklicht wie die in China. Das Internationale Olympische Komitee versuchte mit den chinesischen Olympiaplanern krampfhaft, einen Hort der Glückseligkeit zu erschaffen. Das gelang ihnen nicht. Das verhinderten nicht nur Medienberichte über die Diktatur, die eine gewaltige Überwachungsmaschinerie betreibt, Proteste gewaltsam niederschlägt und reihenweise Leute einsperrt, weil sie im Journalismus oder in der Wissenschaft arbeiten.
Vielen Athletinnen und Athleten fehlte in Peking das Olympia-Flair, wie sie es noch 2018 in Pyeongchang und 2014 in Sotschi erlebt hatten. Ließ sich noch das ganze Land von den Sommerspielen 2008 mitreißen, begegneten viele Chinesinnen und Chinesen den Winterspielen 2022 mit wohlmeinendem Desinteresse. Verantwortlich dafür sind nicht nur die strengen Corona-Regeln, sondern auch, dass die Verantwortlichen nur linientreue Chinesinnen und Chinesen zu den Wettkämpfen zuließen.
Die Veranstalter haben die olympische Idee auch beschädigt, als sie die Uigurin Dinigeer Yilamujiang das olympische Feuer entzünden ließen, obwohl Peking Uigurinnen und Uiguren in Xinjiang brutal diskriminiert und unterdrückt. Dazu passte die denkwürdige Pressekonferenz, in der offizielle Berichte der Regierung die Menschenrechtsverletzungen als „Lüge“ bezeichneten.
Statt Fotos von einem Fest der Völkerverständigung wird wohl eher das Bild der russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa erinnert werden. Die 15-Jährige war positiv auf verbotene Substanzen getestet worden. Das Schiedsgericht für Sport erlaubte ihr trotzdem, an der Kür teilzunehmen, die aber katastrophal verlief und sie aus dem Rennen um eine Medaille warf.
IOC-Chef Thomas Bach reagierte wie so oft nicht scharf genug. Er kritisierte zwar Walijewas Trainerin Eteri Tutberidse dafür, dass sie ihrem weinenden Schützling mit Kälte und Kritik begegnete, statt zu trösten. Auch will Bach eine Altersgrenze im Spitzensport und besonders bei den Olympischen Spielen prüfen lassen. Doch das würde nichts daran ändern, dass nicht nur Russland, sondern auch andere Nationen schon Kinder zu Höchstleistungen drillen.