Olaf Scholz in Israel: Kurzbesuch mit wichtiger Botschaft
Frankfurter Rundschau
Viele in Israel weinen Angela Merkel nach. Ihr Nachfolger, Bundeskanzler Olaf Scholz, tritt in Jerusalem nun zwei Befürchtungen entgegen – und wird in einer kontroversen Frage deutlich.
Jerusalem – Nichts regt sich, als der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz die schwarz-rot-goldenen Schleifen des Kranzes zurechtrückt, der am symbolischen Grab der sechs Millionen von Nazis ermordeten Juden und Jüdinnen niedergelegt wurde. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem war am Mittwoch die erste Station des Antrittsbesuchs von Bundeskanzler Scholz in Israel. Und die Gedenkstätte am Herzlberg war auch der Ort, an dem Scholz vom israelischen Premierminister Naftali Bennett in Empfang genommen wurde.
Bis zuletzt war unklar, ob Scholz seine lange geplante Israelreise angesichts des Krieges in Europa absagen würde. Dass er es nicht tat, „das rechne ich ihm hoch an“, sagte Bennett.
Der Holocaust sei „die Wunde, auf der die guten Beziehungen zwischen unseren Staaten begründet sind“. Auch fast 80 Jahre danach „gibt es keinen Juden, der die Erinnerung an die sechs Millionen Brüder und Schwestern, Frauen und Kinder, die in Lagern getötet wurden, nicht in sich trägt.“
Es ist zwar nicht das erste Mal, dass ein israelischer Ministerpräsident einen ausländischen Regierungschef am Gelände der Schoah-Gedenkstätte in Empfang nimmt, Scholz soll aber darauf bestanden haben. Die Reise des Kanzlers war wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine arg gestrafft worden. Die geplanten Besuche im palästinensischen Ramallah und im jordanischen Amman wurden gestrichen. Schon am Nachmittag reiste Scholz wieder ab. Bei seinem Besuch in Yad Vashem habe er aber keine Abstriche gemacht, lobte Bennett. „Und es war kaum zu übersehen, dass er nicht nur mit seinem Kopf, sondern auch mit seinem Herzen präsent war.“
Damit war wohl auch der wichtigste Punkt der Besuchsagenda erfüllt. Scholz hat in Israel vor allem zu beweisen, dass Angela Merkels Diktum der unbedingten Israel-Solidarität als deutsche Staatsräson auch in seiner Amtsperiode nicht zur bloßen Worthülse verkommt. Viele in Israel weinten Merkel schon nach, als das Rennen um ihre Nachfolge noch gar nicht begonnen hatte.