Offene Arme bei den Nachbarländern
ZDF
Der Einmarsch der Russen treibt viele Ukrainer in die Flucht. Und selbst Nachbarländer, die sonst Migranten ablehnen, zeigen sich hilfsbereit.
Kiew, Tag zwei des russischen Angriffs: Die ganze Nacht über waren Explosionen zu hören. Auch Wohnhäuser wurden zerstört, obwohl Moskau behauptet, nur militärische Ziele anzugreifen. Tausende Menschen haben in Todesangst Schutz in U-Bahnhöfen gesucht, Anton Mironov ist einer von ihnen: "Wir waren nicht darauf vorbereitet, zu fliehen", sagt er. "Niemand hatte mit dem Kriegsbeginn gerechnet - und dass sie direkt Kiew angreifen würden."
Nach UN-Angaben sind innerhalb der Ukraine mehr als 100.000 Menschen auf der Flucht. "Viele Menschen versuchen, hier wegzukommen", berichtet ZDF-Korrespondent Lothar Becker, selbst im Auto auf dem Weg von Lwiw im Westen der Ukraine in Richtung polnische Grenze. Auf den Straßen sei viel los, aber "der Verkehr fließt einigermaßen, es sind keine chaotischen, fluchtartigen Szenen hier zu beobachten".
Tausende Ukrainer haben ihr Land bereits verlassen - und werden von den Nachbarn freundlich empfangen. Am polnischen Grenzbahnhof gebe es Essen, Schokolade für die Kinder und Unterstützung bei der Weiterfahrt, berichtet ZDF-Korrespondentin Natalie Steger. "Polen ist sehr hilfsbereit", sagt sie. Ukrainer würden über die Grenze gelassen, selbst wenn ihr Pass schon abgelaufen sei.
Polens Gesundheitsminister habe erklärt, dass jedem geholfen werde. Und gesagt: "Wenn die Ukraine ihre Verletzen nicht mehr versorgen kann, dann ist Polen da", zitiert ihn Steger.
Auch Ungarn, das sich in der Vergangenheit immer gegen Flüchtlinge positioniert hat, zeigt sich hilfsbereit. In einem am Donnerstagabend veröffentlichten Dekret erklärte die ungarische Regierung, alle ukrainischen Bürger, die im Land einträfen sowie alle Bürger von Drittstaaten, die in der Ukraine lebten, hätten Anspruch auf Schutz.
Ähnlich äußerten sich weitere Nachbarländer der Ukraine. Auch Deutschland bereitet sich darauf vor, Menschen aufzunehmen. Die UN rechnen mit vier Millionen Flüchtlingen, wenn sich die Lage in der Ukraine weiter verschlechtert.
Das UN-Menschenrechtsbüro bekam nach eigenen Angaben Berichte über 25 getötete und 102 verletzte Zivilisten. Die überwiegende Mehrheit der Fälle sei aus Gebieten gemeldet worden, die von der ukrainischen Regierung kontrolliert werden, sagte eine Sprecherin. Sie geht davon aus, dass die wahren Zahlen deutlich höher liegen.