Offenbar Dutzende afghanische Ex-Beamte und Ortskräfte von Taliban getötet
Süddeutsche Zeitung
Mindestens 50 mutmaßliche Mitglieder der Extremistengruppe Islamischer Staat sollen zudem ohne Verfahren hingerichtet worden sein. Der UN-Bericht beschreibt auch die verschlechterten Lebensbedingungen der afghanischen Bevölkerung.
Seit ihrer Machtübernahme im August haben die radikal-islamischen Taliban UN-Informationen zufolge wohl Dutzende ehemalige afghanische Beamte, Mitglieder der Sicherheitskräfte und Ortskräfte getötet. Es lägen glaubwürdige Berichte vor, dass mehr als 100 dieser Personen seit dem 15. August getötet worden seien, hieß es in einem Schreiben von UN-Generalsekretär António Guterres an den Sicherheitsrat, in das die Nachrichtenagentur Reuters Einblick erhielt. In mehr als zwei Dritteln der Fälle sollen die Taliban oder ihre Verbündeten verantwortlich sein.
Zudem gebe es glaubwürdige Vorwürfe, dass mindestens 50 mutmaßliche Mitglieder der Extremistengruppe Islamischer Staat ohne Verfahren hingerichtet worden seien. Der Bericht beschreibt auch die sich verschlimmernden Lebensbedingungen für die afghanische Bevölkerung. "Ein ganzes komplexes soziales und wirtschaftliches System bricht zusammen", heißt es.
Erstmals besucht eine Delegation der Islamisten offiziell ein westliches Land. In Norwegen sprechen sie mit westlichen Diplomaten und Vertretern der afghanischen Zivilgesellschaft Von Tomas Avenarius und Kai Strittmatter
Auch eine Reihe von Menschenrechtlern und Journalisten seien in den vergangenen Monaten "angegriffen, eingeschüchtert, schikaniert, willkürlich festgenommen, misshandelt und getötet" worden, heißt es weiter. Hier zählten die UN acht Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen und zwei Medienschaffende, die durch die radikal-islamische Taliban, Islamisten oder Unbekannte ums Leben kamen.
Die schwere sozioökonomische Krise in Afghanistan könne nach Ansicht von Guterres nur dann überwunden werden, wenn die Taliban international nicht isoliert würden: "Die Entwicklung eines konstruktiven Dialogs zwischen den De-facto-Machthabern, anderen afghanischen Interessengruppen, der Region und der internationalen Gemeinschaft (...) ist daher von entscheidender Bedeutung."