Oberstes US-Gericht kippt liberales Abtreibungsrecht
DW
Der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court in Washington macht damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen Bundesstaaten.
Sechs der neun Richter stimmten für diese Entscheidung, wie der Supreme Court mitteilte. "Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung", heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung hatte sich bereits abgezeichnet, nachdem Anfang Mai ein Urteilsentwurf durchgestochen worden war.
Damit ist das bisherige Recht auf Abtreibung in den USA Geschichte. Die Entscheidung gilt als politisches Erdbeben. Dagegen werden massive Proteste erwartet.
In einem Grundsatzurteil hatte der Supreme Court 1973 im Fall Roe v. Wade landesweit Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus, also etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche, ermöglicht. Damals leitete das Gericht ein bundesweites Recht auf Abtreibung aus dem Recht von Frauen auf Privatsphäre ab.
Mit dem neuen Urteil des Obersten Gerichts können die 50 Bundesstaaten in den USA über ein Recht auf Abtreibung auf der jeweiligen Landesebene entscheiden. Mehrere von ihnen haben bereits Gesetze erlassen, die nach dem nun erfolgten Wegfall der bundesstaatlichen Regelung die Abtreibung stark einschränken. Ein Gesetzentwurf der Demokraten für ein Recht auf Abtreibung auf Bundesebene war Mitte Mai im Senat gescheitert.
Nach dem historischen Urteil rechnen Frauen- und Pro-Choice-Gruppen mit einem Anstieg von Abtreibungstourismus aus "roten", also republikanisch regierten, in "blaue", also demokratisch regierte Bundesstaaten.