
Noch zweiundzwanzig Sommer
n-tv
Die Kolumnistin ist nicht alt. Manchmal, nach dem Aufstehen, hat sie ein bisschen Rücken. Ansonsten mit den beneidenswerten Attributen "halbvolles Glas" und "berufsjugendlich" ausgestattet hat, macht sie sich nun aber doch Gedanken über die Zeit, die bleibt.
Es ist alles eine Frage der Zeit: Neulich sagte ich zu einem Freund - wir hatten unwesentlich etwas getrunken - dass ich, wenn ich so alt werden würde wie meine Mutter, noch 22 Sommer vor mir hätte. Um ehrlich zu sein, nur noch 21, denn im aktuellen Sommer bin ich ja schon drin. Ich hätte fast geheult bei meinen Worten, er aber lächelte und sagte: "Noch 22 Sommer? Ist doch toll, was hast du denn noch so vor?" Er ist ein wirklich entspannter, hanseatischer Zeitgenosse, nichts scheint ihn je aus der Ruhe zu bringen, er ist da, wenn man ihn braucht, er hilft, ist mit sich im Reinen, er liebt seine Frau und seine Familie, schon immer die Beständigkeit in Person. Ich dachte früher, dass ich später auch mal so werde. Beneidenswert. Ich bin aber nicht so geworden. Und ich werde es wohl auch nicht mehr in meinen hoffentlich noch 22 Sommern. Und den anderen drei Jahreszeiten.
Früher erschien mir alles, was vor mir lag, endlos. Zum Beispiel noch endlos lange hin bis zu den Sommerferien. Dann waren sie da, und diese sechs Wochen verhießen süßes Nichtstun und ebenfalls Endlosigkeit: mit den Eltern verreisen, sich um nichts kümmern müssen, nichts planen, nichts bezahlen müssen. Nichts müssen müssen. Außer mal den Tisch abräumen vielleicht oder die schwerwiegende Entscheidung im Freibad: Dolomiti oder Cornetto? Die Gedanken kreisten um den nächsten Bikini, den süßen Typen aus der Nebenklasse, und wie ich die bereits erwähnten Ferien mit den Eltern in Dänemark, Österreich oder Italien ohne den süßen Typen aushalten würde. Wahrscheinlich hatte er zum Ende der Ferien 'ne Neue am Start, aber das war eigentlich egal, denn ich hatte eh so verheulte Augen, da ich mich im Urlaub immer wieder aufs Neue hoffnungslos in einen Wiener, Griechen oder Franzosen verknallt hatte, dass ich sowieso nichts sehen konnte und nur darauf wartete, dass es am Festnetz endlich klingelte. Oder ein Brief kam. Das legte sich alles nach ein paar Wochen wieder (als es dann wirklich mal an der Tür klingelte, ließ ich mich verleugnen). Ich verkrümelte mich in ein Buch, erntete Johannisbeeren mit Oma im Garten und sie machte Gelee. Abends sah man komische Sendungen im Fernsehen, es gab drei Programme. Sie endeten irgendwann gegen Mitternacht mit einem Testbild.
Vierzigjährige erschienen mir steinalt. Süß, in der Rückbetrachtung arrogant. Vierzig ist bei mir jetzt schon ein bisschen her und ich frage mich, wo die Zeit geblieben ist. Ich bin selten wehmütig, gucke gar nicht ständig zurück, finde sowieso nicht, dass früher alles besser war, mag mein Leben und bin gespannt auf die Zukunft. Aber trotzdem, diese 22 geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Damit sollte ich also noch richtig was anstellen. Mir ist klar, dass ich nicht mehr die ganze Welt bereisen werde, aber das ist nicht so schlimm, ich will gar nicht alles sehen. Es gibt Orte, die mich echt nicht interessieren. Aber es gibt auch Orte, an die ich immer und immer wieder will. Ist das zu schaffen?

In Deutschland wird oft über Mehrsprachigkeit sowie deren Vor- und Nachteile diskutiert. In Ghana hören Babys bis zu sechs verschiedene Sprachen, wie eine Untersuchung von Sprachwissenschaftlern zeigt. Es ist die erste dieser Art, die zudem die gängigen Vorurteile zur Mehrsprachigkeit infrage stellt.