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Niederlande hat ein Team für einmalige Galaauftritte
Frankfurter Rundschau
Die Niederlande vereint außergewöhnliche Fußballer. Und doch schaffen es diese nicht, über eine längere Dauer eine gewisse Konstanz in ihr Spiel zu bringen. Ein Kommentar.
Wer will, kann dieses Bild als Synonym für den holländischen Fußball am Ende des Jahres 2021 lesen: Da jubeln junge Fußballer, die meisten noch in ihren orangenen Trikots, in der Kabine, und davor sitzt im Rollstuhl ein alter Mann im blauen Anorak, er reckt die Arme halb in die Höhe, so wie weiland Angela Merkel auf der Tribüne in Brasilien im Angesicht des frisch gebackenen Weltmeisters. Im Rollstuhl sitzt der Chef vom Ganzen, Louis van Gaal, er wird vom Boulevard gerne zum General überhöht, aber manchmal ist so ein Fahrrad tückisch für einen 70-Jährigen.
Rollstuhl und Elftal ist ein Bild, das einen gewissen Charme versprüht. Denn es ist ja nicht so, dass sich die niederländische Nationalmannschaft mit Pauken und Trompeten und hinreißendem Fußball auf den Weg zur Wüsten-WM gemacht hätte. Im Gegenteil: Mit Ach und Krach, Bibbern und Bangen haben die Holländer ihre Quali-Gruppe gewonnen, zwei späte eigene Tore gegen ein haalandloses Norwegen, damit so gefährlich wie Schmusebärchen, hatten möglich gemacht, was nach zwei späten Gegentoren ein paar Tage zuvor gegen die Fußballweltmacht Montenegro stark in Frage gestellt war. Mit einem blauen Auge haben sie es nach einem entsetzlich statischen Endspiel geschafft, immerhin, und waren damit besser etwa als Portugiesen, Italiener, Schweden, die jetzt noch durch den Playoff-Relegationsturniermoloch müssen.
Es hat dennoch nicht viel gefehlt, und die stolzen Oranje-Kicker hätten erneut ein großes Turnier verpasst, wie die EM 2016 in Frankreich oder die WM 2018 in Russland. Fast hatte man sich daran gewöhnt, den Nachbarn fröhlich zu piesacken: „Ohne Holland fahren wir zur WM.“