Nie wieder? Schön wär's
Süddeutsche Zeitung
Thomas Bernhards "Heldenplatz" löste einst einen Skandal aus. An den Münchner Kammerspielen aber zündet das Stück trotz beklemmend brisanter Themen nicht mehr recht.
Es gibt an diesem Theaterabend in den Münchner Kammerspielen viele empörte Gesichter. Angewiderte, zornzerfressene, fassungslose Gesichter, die Münder aufgerissen zum Schrei oder indigniert zusammengepresst, viele Fäuste geballt, hier und dort ein Stinkefinger. Manche Köpfe sind abgewandt, weg von der Bühne. Als suchten sie in den Reihen hinter sich Verbündete. Schmieden sie einen dunklen Plan? Man weiß es nicht, und man hört sie gottlob auch nicht, denn es handelt sich um Gipsbüsten. Klassisch weiße Abgüsse wütender Männerprofile, verteilt über das ganze Parkett und auch oben im Rang. Wer meint, das habe etwas mit den Corona-Auflagen zu tun, die derzeit wieder nur eine 25-Prozent-Besetzung zulassen, täuscht sich. Die Gipskameraden wurden nicht in den Reihen platziert, damit das Theater ein wenig voller aussieht, sie gehören zum Inszenierungskonzept.