
Niall Ferguson: „Ein Kalter Krieg ist wünschenswert“
Frankfurter Rundschau
Der britische Historiker Niall Ferguson über die verheerenden wirtschaftspolitischen Folgen des Umgangs mit der Corona-Pandemie, über die Impfung als einzigen Ausweg – und darüber, warum er den USA rät, die Bedrohung durch China ernstzunehmen.
Professor Ferguson, in Ihrem Buch schreiben Sie, dass die Pandemie ein Drachenkönig sei, also für einen grundlegenden Wandel stehe. Zerbricht die alte Weltordnung gerade endgültig vor unseren Augen?
Sogar mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit. Die Lockdowns haben eine massive ökonomische Wirkung entfaltet. Kein Vergleich zur Gefahr des Coronavirus auf die öffentliche Gesundheit. Und schauen Sie sich die internationale Ordnung unter dem Aspekt der Geopolitik an, Sie werden feststellen, dass es sich hier eindeutig um einen Drachenkönig als historisches Ereignis handelt: Der Kalte Krieg II zwischen den USA und China lässt sich nicht mehr länger ignorieren. Die Pandemie hat diesen zweiten Kalten Krieg nur sichtbar gemacht. Und zweitens: Es gab zwar bereits vor dem Ausbruch des Virus eine Tendenz zu weniger Ordnung auf globaler Ebene. Die Pandemie hat die Probleme durch die Lockdowns speziell schwacher Staaten wie etwa den Libanon jedoch massiv vergrößert. Der Kalte Krieg II und die Auflösung der Ordnung an der Peripherie sind die beiden bedeutendsten Folgen der Pandemie.
Relativiert das nicht etwas zu sehr die Folgeschäden der Pandemie für die Menschen?