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Neuer Verteidigungspakt: USA wollen Chinas Einfluss im Pazifik zurückdrängen
Frankfurter Rundschau
Eigentlich wurde Joe Biden in Papua-Neuguinea erwartet, dann aber kam nur sein Außenminister. Dem Pazifikstaat kommt im Wettstreit zwischen den USA und China eine Schlüsselrolle zu.
München/Port Moresby – Der Schuldenstreit, der Washington derzeit lähmt, hat ein unerwartetes Opfer: die Glaubwürdigkeit der USA im Südpazifik. Eigentlich sollte Joe Biden an diesem Montag zu einem Staatsbesuch in Papua-Neuguinea eintreffen, als erster US-Präsident überhaupt. Geplant war zwar nur ein Zwischenstopp auf dem Weg vom G7-Gipfel in Hiroshima zu einem Treffen mit Australiens Ministerpräsident Albanese in Sydney. Und doch verbanden viele Beobachter den Besuch mit der Hoffnung, die USA würden sich nach Jahren der Abwesenheit wieder verstärkt in jener Region engagieren, in der auch China zunehmend versucht, Bündnisse zu schließen. Doch statt Biden landete in der Hauptstadt Port Moresby lediglich sein Außenminister Antony Blinken, der Präsident selbst flog von Hiroshima aus direkt zurück nach Washington – eben wegen jenes Disputs über die Schuldenobergrenze der USA.
In Port Moresby traf Blinken am Montag (22. Mai) mit mehreren Staatschefs der Region zusammen. Einer von ihnen, der Premierminister der Cookinseln Mark Brown, hatte Bidens Absage im Vorfeld als „Enttäuschung“ bezeichnet. Im Interview mit der BBC wies Brown zudem darauf hin, dass viele pazifische Inselstaaten „gute diplomatische Beziehungen mit China“ hätten – Peking fülle „eine Lücke“, so der Politiker, der auch Vorsitzender der Regionalorganisation Pacific Islands Forum ist.
Es geht um ein Gebiet, in dem nur ein paar Dutzend Millionen Menschen leben, das sich aber über Tausende Kilometer und unzählige Inseln östlich von Australien erstreckt, bis hin an die Westküste der USA. Rund 20 Prozent der weltweiten Meeresfläche werden von den Regierungen der 15 unabhängigen Inselstaaten, die im Pacific Islands Forum organisiert sind, kontrolliert.
Washington betrachtet die Region als seine natürliche Einflusssphäre, nicht zuletzt, weil hier das US-Außengebiet Guam liegt sowie mehrere andere Inselstaaten, die historisch und politisch eng mit den USA verbunden sind. Gleichzeitig streckt China seit einigen Jahren seine Fühler in Richtung Südpazifik aus. Während man etwa in Papua-Neuguinea weiter auf einen Besuch des US-Präsidenten warten muss, war Chinas Präsident Xi Jinping längst da: Bereits im November 2018 besuchte Xi den Zehn-Millionen-Einwohner-Staat, als erster Staatschef seines Landes.
Papua-Neuguinea steht, wie überhaupt die ganze Südpazifik-Region, im Zentrum des globalen Wettstreits zwischen Washington und Peking. Es geht dabei um Rohstoffe (etwa Flüssigerdgas), vor allem aber um Geopolitik. Mit Entsetzen hat man im vergangenen Jahr in Washington beobachtet, wie Peking ein Sicherheitsabkommen mit den Salomonen geschlossen hat, dem Nachbarstaat von Papua-Neuguinea. Was genau in dem Abkommen steht, ist geheim. Kritiker befürchten aber, dass China eine Marinebasis in dem Land eröffnen könnte. Peking und die dortige Regierung weisen das zurück, allerdings erlauben die Salomonen der US-Navy seit der Annäherung mit China nicht mehr, in ihre Hoheitsgewässer einzufahren.