Neuer Frankfurt-Tatort (ARD): Das ganze üble Oben und Unten
Frankfurter Rundschau
Der Frankfurter Tatort „Luna frisst oder stirbt“ in der ARD tut sich mit einer Geschichte aus dem Literaturbetrieb nicht leicht. Die TV-Kritik.
„Luna frisst oder stirbt“ vom Hessischen Rundfunk scheint der verspätete „Tatort“ zur Frankfurter Buchmesse zu sein, eine ARD-Geschichte aus dem Herzen des Literaturbetriebs. Aus jenen Sphären nämlich, wo Ehrgeiz, Elan und Unsicherheit wallen, die Hoffnung auf das nächste Riesentalent sowie der Wunsch, damit auch ein bisschen Geld zu verdienen. Und wo Authentizität und Fiktion sich natürlich kreuz und quer übereinanderlegen. Die Literatur spielt damit, das gehört zu ihren schönsten Eigenschaften. Das Verlagsmarketing und das Publikum wünschen es sich eventuell etwas eindeutiger, das heißt meistens eindeutig authentischer.
Es liegt relativ nahe, an Missverständnisse rund um Helene Hegemanns Debütroman „Axolotl Roadkill“ vor gut zehn Jahren zu denken. Selbst die Plagiatsvorwürfe stammen nicht aus einer anderen Welt, stand doch damals neben der konkreten Abschreib-Problematik auch die Verlegenheit im Raum, dass sogar Teile der professionellen Kritik das Buch als Bericht direkt aus dem Leben der Helene H. gelesen hatten.
In „Luna frisst oder stirbt“ ist es jetzt aber im Grunde genommen umgekehrt. Leserinnen und Leser stellen sich womöglich auf eine flirrende Auseinandersetzung mit Literatur und Literaturbranche ein. Das Drehbuch von Regisseurin Katharina Bischof und von Johanna Thalmann verwickelt sie aber stattdessen in eine traurige und anscheinend vielfältige, aber doch vor allem traditionelle Geschichte über Benachteiligung, mangelnde Teilhabe, das ganze üble Oben und Unten der Gesellschaft.