
Neuer Anlauf: EU soll Bankenunion vollenden
DW
Seit mehr als zehn Jahren komponiert die EU an der Bankenunion mit der Einlagensicherung. Wäre das Werk ein Musikstück, müsste es "Die Unvollendete" heißen. Die EU-Kommission macht jetzt Druck. Bernd Riegert berichtet.
Nach der Pleite von regionalen Banken in den USA und der drohenden Pleite der Schweizer Bank Credit Suisse vor vier Wochen waren die Finanzmärkte tagelang verunsichert. Die Rettung in letzter Minute erinnerte an die schwere Bankenkrise von 2008. Auch deutsche Banken mussten schwere Einbrüche bei ihren Aktienkursen hinnehmen. Inzwischen hat sich die Lage wieder beruhigt. Die große Krise fiel aus, trotzdem war dies für die Europäische Union ein Weckruf. Die Banken-Union, die zur Rettung scheiternder Banken in der EU schon 2012 auf den Weg gebracht wurde, müsse endlich in allen Teilen fertiggestellt werden, sagte der Finanzpolitik-Experte Sebastian Mack in seiner jüngsten Analyse für das "Jacques-Delors-Institut", einer EU-Denkfabrik in Paris. "Obwohl EU-Banken im Moment widerstandsfähig aussehen, wäre die EU gut beraten, nicht einfach so weiterzumachen wie bisher", schreibt Sebastian Mack dort.
Einleger und Anteilseigner von Banken können immer noch sehr schnell das Vertrauen in ihre Bank verlieren und durch massives Abziehen ihrer Gelder deren Existenz gefährden oder gar beenden. Die EU-Kommission legte daher an diesem Dienstag in Straßburg einen Plan vor, wie die Lehren aus der jüngsten Rettung durch Credit Suisse durch den Schweizer Staat in die Bankenunion der EU übertragen werden können - auch wenn die Schweiz kein Mitglied der Eurozone oder der EU ist.
In den letzten zehn Jahren sind die Banken im Euro-Währungsraum stabiler geworden, weil sie mehr Eigenkapital vorhalten müssen, um Risiken zu minimieren. Das ist eine der vielen Vorgaben in der "Bankenunion", die die EU nach der Banken- und Schuldenkrise geschaffen hat. Dabei ging es vor allem darum, dass nicht erneut Steuergelder eingesetzt werden müssen, um marode Banken zu retten. Vor allem große, systemrelevante Banken sollten nicht mehr ins Schlingern kommen, sondern zunächst von ihren Anteilseignern (bail-in) und einem "Abwicklungsfonds" (Single resolution mechanism) gestützt werden.
Der Abwicklungsfonds mit einem Volumen von derzeit rund 66 Milliarden Euro wird vom Bankensektor selbst gefüllt und von einer EU-Behörde verwaltet. Die Banken werden von einer Aufsicht, die bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt angesiedelt ist, geprüft und überwacht. Erst ganz am Schluss der Kette sollen Anleger und Sparer zur Kasse gebeten werden. Einlagen unter 100.000 Euro sind grundsätzlich geschützt.
Die sogenannte Einlagen-Sicherung für Bankkunden ist bislang in den EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich und vor allem auf nationaler Ebene organisiert. In Deutschland stützen sich zum Beispiel Sparkassen und Genossenschaftsbanken gegenseitig. Hier sind die Einlagen nicht nur bis zu 100.000 Euro, sondern in nahezu unbegrenzter Höhe sicher. In osteuropäischen und südeuropäischen Staaten sind die Einlagensysteme nach Einschätzung der Stiftung Warentest deutlich schwächer. Erst Mitte 2024 sollen alle Sicherungssysteme den Mindeststandard erreichen.