
Neue Studie: Radioaktiver Zerfall sorgt im Inneren des Mars für Wärme
Frankfurter Rundschau
Die Nasa-Sonde „InSight“ ist außer Betrieb, doch mithilfe ihrer gesammelten Daten konnte ein Forschungseam nun ermitteln, wie dick die Kruste des Mars ist.
Zürich – Mehr als drei Jahre mussten die Forscherinnen und Forscher der ETH Zürich warten, dann maß das Seismometer der Nasa-Raumsonde „InSight“ auf dem Mars ein besonders schweres Beben. Mit einer geschätzten Magnitude von 4,6 war es das schwerste Beben, das bis heute auf dem Mars registriert wurde. Größere werden zumindest von „InSight“ nicht mehr gemessen werden – die Nasa-Sonde ist bereits seit einiger Zeit außer Betrieb. Für ein Forschungsteam um den Seismologen Doyeon Kim vom Institut für Geophysik der ETH Zürich, war das Beben jedoch ein Glücksgriff.
„Dieses Marsbeben sandte starke seismische Wellen aus, die sich entlang der Marsoberfläche bewegten“, erklärt Kim in einer Mitteilung. „Von diesem größten, während der gesamten ‚InSight‘-Mission aufgezeichneten Beben beobachteten wir Oberflächenwellen, die bis zu dreimal den Mars umkreisten“, so der Erstautor einer Studie, die im Fachjournal Geophysical Research Letters publiziert wurde. Die Forscherinnen und Forscher konnten messen, wie schnell sich die seismischen Wellen bei verschiedenen Frequenzen ausbreiten und so mehr über den inneren Aufbau des Mars erfahren.
Durch die Kombination der neuen Ergebnisse mit bereits bestehenden Daten zum Mars konnte das Forschungsteam die Dicke der Marskruste bestimmen: Sie beträgt im Schnitt 42 bis 56 Kilometer. Die dünnste Kruste existiert in der Isidis-Tiefebene (10 Kilometer), die dickste Kruste gibt es in der Provinz Tharsis (90 Kilometer). Die Erdkruste ist im Vergleich dazu deutlich dünner, wie andere Forschende ebenfalls mithilfe seismischer Daten berechnet haben: Sie ist 21 bis 27 Kilometer dick. Die Kruste des Mondes wurde mithilfe von Seismometern der „Apollo“-Missionen berechnet – sie hat ein Dicke zwischen 34 und 43 Kilometern.
„Damit ist die Marskruste viel dicker als die Kruste der Erde oder des Mondes“, stellt Kim fest. Eines der wichtigsten Forschungsergebnisse seines Teams ist der Unterschied zwischen der Nord- und Südhalbkugel des Mars. Während der Norden aus flachen Tiefebenen besteht, gibt es im Süden hohe Berge – die sogenannte Mars-Dichotomie. Kims Forschungsteam konnte nachweisen, dass die Kruste im nördlichen Tiefland und im südlichen Hochland ähnlich ist. Die Kruste im Süden reiche jedoch in eine größere Tiefe als auf der Nordhalbkugel. „Diese Erkenntnis ist spannend und ermöglicht es uns, eine langjährige wissenschaftliche Diskussion über den Ursprung und die Struktur der Marskruste zu beenden“, so Kim.
Aus der Dicke der Marskruste konnte das Forschungsteam auch Schlüsse darüber ziehen, wie der Mars Wärme erzeugt und wie er sich thermisch entwickelt hat. Der Mars erzeugt demnach in seinem Inneren vor allem durch den Zerfall von radioaktiven Elementen wie Thorium, Uran und Kalium Wärme. Was sich exotisch anhört, ist es jedoch gar nicht: Auch im Inneren der Erde entsteht unter anderem durch den Zerfall radioaktiver Isotope Wärme. (tab)