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Neue Gas-Pipelines sind keine Lösung
DW
Seit Jahren sucht der Südosten Europas nach Alternativen zu russischem Gas, etwa durch den Bau der israelisch-europäischen Pipeline Eastmed. Experten beurteilen die Vorhaben eher skeptisch.
Es war ein festlicher Moment. Im Januar 2020 unterzeichneten Griechenland, Israel und Zypern in Athen ein Grundsatzabkommen über den Bau der Mittelmeer-Gas-Pipeline Eastmed. Das Konzept: Ab 2025 liefert Israel aus dem östlichen Mittelmeer über eine 1900 Kilometer lange Unterwasser-Pipeline Erdgas nach Westeuropa. Italien ist Hauptabnehmer, sämtliche Staaten Südosteuropas kommen in den Genuss verbilligter Erdgas-Lieferungen.
Bei der Unterzeichnung schwärmte Griechenlands damaliger Energieminister Kostis Hatzidakis von einem "Friedensprojekt, das zur Energiesicherheit Europas beiträgt und von der EU unterstützt wird". Der zyprische Staatschef Nikos Anastasiades sprach sogar von einem "historischen Ereignis". Dass die Regierungsvertreter Italiens ihre Teilnahme an der Unterzeichnung des Abkommens überraschend abgesagt hatten, wollten die Gastgeber zu diesem Zeitpunkt nicht überbewerten. Zu sehr überwog die Freude über die künftige Rolle Griechenlands als Energieknotenpunkt im östlichen Mittelmeer. Soweit die Theorie.
Zwei Jahre später ist bei allen Beteiligten Ernüchterung eingekehrt. Die Finanzierung des Projekts ist noch immer nicht gesichert. Nach übereinstimmenden griechischen Medienberichten hätten zudem die USA mit Hinweis auf wirtschaftliche Engpässe und politische Komplikationen im östlichen Mittelmeer vom Bau der neuen Pipeline abgeraten. Davon berichtete zuletzt das Brüsseler Magazin Politico - und erklärte das Projekt für "tot".
Nun erklärt Griechenlands Regierungssprecher Jannis Economou, letzten Endes müsse der Markt entscheiden, ob sich die Gas-Pipeline wirtschaftlich rechne. Jorgos Kyrtsos, EU-Parlamentarier der in Athen regierenden Nea Dimokratia (ND), glaubt jedoch nicht, dass Privatinvestoren die nötigen sechs Milliarden Euro zusammenbringen. "Ich habe nie damit gerechnet, dass sich dieses Projekt wirtschaftlich trägt. Und ich bezweifle sogar, dass die beteiligten Länder jemals daran geglaubt haben", sagt Kyrtsos der DW. Außerdem seien die jüngsten Spannungen zwischen Griechenland und dem Nachbarland Türkei nicht hilfreich gewesen, mahnt der Ökonom. Denn: "Wenn eine mächtige Regionalmacht wie die Türkei bei einem solchen Projekt außen vor bleibt, dann geht die Rechnung nur schwer auf."
Unzeitgemäß erscheinen heute auch die Erwartungen der beteiligten Länder, die EU könnte die neue Pipeline zum großen Teil finanzieren. Bis zum Jahr 2030 will die EU ihre CO2-Emissionen um 55 Prozent senken. Deshalb gelten Neuinvestitionen in Pipelines oder Gaskraftwerke als verpönt. Zwischen 2008 und 2019 subventionierten die EU-Mitgliedstaaten fossile Brennstoffe aus öffentlichen Geldern mit über 50 Milliarden Euro pro Jahr. Das geht aus dem jüngsten Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Diese Subventionen "stellen ein Hindernis auf dem Weg zu den Klimazielen dar", monieren die Rechnungsprüfer.