Nawalny skizziert Weg zu russischer Demokratie
n-tv
Aus einem russischen Straflager heraus ermutigt Kreml-Gegner Nawalny seine Landsleute zur Abschaffung des Präsidialsystems. Der Westen solle nicht glauben, dass Putins Rückzug von der Staatsspitze einen Neuanfang in Russland garantiere. "Das wäre bestenfalls naiv."
Der inhaftierte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hat ein Ende des Präsidialsystems in Russland gefordert. Es liege zwar allein in der Hand des russischen Volkes, sein politisches System zu bestimmen, schreibt Nawalny in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" und die "Washington Post". "Dennoch sollte der Westen, der Russland als Staat und dessen Elite persönlich mit Sanktionen belegt hat, seine strategische Vision einer parlamentarischen Demokratie in Russland so deutlich wie möglich machen." Die Erwartung, dass ein Machtwechsel automatisch zu einer Systemänderung führe, bezeichnete Nawalny als "bestenfalls naiv". Die wahre Partei des Krieges sei die gesamte Elite.
Putin und seine obersten Militärs betrachteten Krieg nicht als "Katastrophe", sondern als "großartiges Mittel zur Lösung von Problemen". Nawalny folgert, die russische Elite habe daraus einige "unfehlbare Gesetze" abgeleitet: "Krieg ist gar nicht so teuer. Er löst alle innenpolitischen Probleme. Er lässt die Zustimmungsraten in den Himmel schießen, er fügt der Wirtschaft keinen größeren Schaden zu, und vor allem: Sieger bleiben straflos."
Der Westen solle sich keine Hoffnung machen, dass sich diese Einstellung ändern werde, wenn der russische Präsident Wladimir Putin eines Tages von anderen Mitgliedern der jetzigen Führung abgelöst werden sollte. Er schreibt, "die wahre Partei des Krieges" sei "die gesamte Elite, das Machtsystem, das den imperialen russischen Autoritarismus erst hervorbringt". Aggression nach außen sei "die organische Lebensform dieser Elite".