
Nach Olympia ist vor Olympia
Frankfurter Rundschau
Sapporo will sich für die Winterspiele 2030 bewerbe. Dabei waren die Spiele im vergangenen Jahr in Tokio doch schon hoch umstritten in der japanischen Bevölkerung.
Der Kurzfilm zeigt Bilder von früher und heute auf dem Eis, aufrüttelnde Musik, freundlich lächelnde Menschen aus der Stadt. Normale Leute verbinden sich mit Weltklassesport, die Vergangenheit mit der Zukunft. Aus dem Off sagt eine Stimme: „Was wir geerbt haben, wollen wir an die nächste Generation, an die nächste Welt weitergeben. Sapporos Lächeln wird zum Lächeln der Welt!“ Gelingen soll dies durch die Winterspiele im Jahr 2030. Und geht es nach diesem Werbefilm, der gerade in Japan bekanntgemacht wird, soll das Event in Nordjapan stattfinden.
Für die Spiele vier Jahre nach der für 2026 geplanten Ausgabe in Mailand werden gerade Bewerbungen gesammelt. Auch in der Ukraine, dem kanadischen Vancouver, in den spanischen Pyrenäen und dem US-amerikanischen Salt Lake City besteht Interesse. Sapporo, das schon 1972 die Spiele veranstaltete, gilt als Favorit. Die Nachrichtenagentur Kyodo will wissen, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) noch in diesem Jahr das Austragungsrecht nach Japan geben dürfte.
Die Zwei-Millionenmetropole auf der Nordinsel Hokkaido gibt sich sportlich und gesund, umweltfreundlich, wirtschaftskräftig und barrierefrei. In einem weiteren PR-Film passiert eine Rollstuhlfahrerin problemlos die Bezahlschranke einer U-Bahnstation, sie sagt: „Er hat mir Mut gemacht. Er hat meine Welt größer gemacht. Die Kraft des Sports macht die Zukunft stark.“ Sofort wird klar: Die Bewerber aus Sapporo sehen in der Sportveranstaltung längst nicht nur Sport.
So erklärte ein Sprecher der städtischen PR-Abteilung vor kurzem: „Es ist nicht nur so, dass die Bevölkerung von Sapporo seit 2020 schrumpft, sie altert auch schon länger.“ Was dies mit den Olympischen Spielen zu tun habe? „Nun, als Sapporo 1972 die Winterspiele veranstaltete, wuchs die Bevölkerung schnell an, daher wurden neue Wohnhäuser mit modernen Heizungen gebaut. Heute geht es darum, die Stadt auf für Sapporo typische Art barrierefrei zu machen, damit alle hier gut leben können.“
Großspurige Betonungen auf Nachhaltigkeit und Erneuerung sind in Japan noch in frischer Erinnerung. Ähnlich hat sich die Hauptstadt Tokio positioniert, als sie Gastgeberin der Sommerspiele 2020 werden wollte. Nicht nur wegen der Pandemie wurde die Veranstaltung dann zu einer weiteren kontroversen Olympiaausgabe. „Tokyo 2020“, das pandemiebedingt erst im Sommer 2021 stattfand, hielt keines seiner vielen Versprechen: Für die Steuerzahler blieben sie nicht kostenlos; wegen des Zuschauerverbots gab es auch kaum Impulse für mehr Diversität und Internationalität. Rund 80 Prozent der Bevölkerung waren letztlich gegen die Austragung. Die Regierung aber zog sie durch.