Nach Hunderten Hilferufen aus Pflegeheimen: "Team Wallraff" deckt neue erschreckende Missstände auf
RTL
Gewaltige Missstände, hunderte Hilferufe: Wie steht es wirklich um die Pflegebranche? « Team Wallraff » recherchiert erneut undercover in deutschen Pflegeheimen.
Rund 130 Tage ist es her, dass Enthüllungsjournalist Günter Wallraff und sein Team in vier privatwirtschaftlich geführten Pflegeeinrichtungen undercover waren, darunter Ketten wie "Sereni Orizzonti" und "Alloheim", und dokumentierten, welche Konsequenzen Personalmangel und Sparkurse mitunter haben können. Und tatsächlich zeigte die Dokumentation bereits Wirkung: Nur einen Tag nach der Ausstrahlung wurde die überprüfte Augsburger "Sereni Orizzonti"-Einrichtung angeblich aufgrund eines Corona-Ausbruchs geschlossen – nachdem auch Mitarbeitende die berichteten Zustände bestätigten. Aber hat sich seitdem wirklich etwas zum Besseren verändert? In der neuen Undercover-Reportage "Team Wallraff – Jetzt erst recht!" will das Investigativ-Team genau das herausfinden – am Donnerstag, den 23. Juni um 20:15 Uhr bei RTL.
Seit seiner letzten Reportage erreichten das "Team Wallraff" überdurchschnittlich viele Zuschriften von Zuschauerinnen und Zuschauern – darunter Pflegekräfte und Angehörige mit schockierenden Erfahrungen in der Altenpflege. Sie alle schilderten ähnliche Zustände aus verschiedenen Pflegeeinrichtungen, wie sie auch die Reporterinnen und Reporter bei ihren Undercover-Einsätzen im Spätsommer 2021 erlebten: Verwahrloste Zimmer, Personalmangel und Überforderung sowie Pflegefehler. Ein Betreiber stach in den Zuschriften besonders heraus: der private Anbieter "Alloheim". Im Februar verwies das Unternehmen unter anderem noch darauf, dass es sich nur um bedauerliche Einzelfälle handele. Aber lassen die zahlreichen aktuellen Hilferufe nicht etwas anderes vermuten?
"Team Wallraff" ist den Hinweisen nachgegangen und war erneut in drei unterschiedlichen privaten Einrichtungen der "Alloheim"-Gruppe undercover. Die besorgniserregenden Ergebnisse zeigt RTL am 23. Juni, um 20:15 Uhr in der neuen Ausgabe "Team Wallraff – Jetzt erst recht!". Hier gehen Günter Wallraff und sein Team sogar noch einen Schritt weiter als bisher: Vor laufender Kamera nehmen sie die Verantwortlichen in die Pflicht, darunter auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), und unterstreichen ihre Rechercheergebnisse mit Video-Botschaften von Pflegekräften. Auch die "Alloheim"-Zentrale wird mit den Recherchen konfrontiert.
Das Unternehmen "Alloheim" ist mit über 240 Seniorenheimen in ganz Deutschland und über 23.000 Pflegeplätzen der zweitgrößte private Anbieter Deutschlands. Den Eindruck, dass sich die Zustände in den Altenheimen des Betreibers scheinbar auch nach den Wallraff-Recherchen im Februar nicht wesentlich verändert haben, bekommen Günter Wallraff und sein Team, nachdem sich unter anderem auch ein Pfleger aus der Seniorenresidenz "Ederbergland" in Frankenberg meldete. In seinem Hilferuf berichtet er von einem teils aggressiven Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie groben Pflegefehlern. RTL-Reporter Maxi geht den Vorwürfen nach und arbeitet sechs Tage lang als Praktikant in diesem Pflegeheim.
Auch aus dem Seniorenheim "Auetalblick" in Malente, ebenfalls "Alloheim"-geführt, erreichte Günter Wallraff eine sehr besorgniserregende Nachricht von einer ehemaligen Pflegekraft. Um herauszufinden, ob sich die Vorwürfe erhärten, bewirbt sich RTL-Reporterin Jana im Frühjahr 2022 in dieser Einrichtung. Wie schon ihr Kollege Maxi stößt auch sie während ihres achttägigen Praktikums auf gravierende Missstände.
Fehlendes Fachpersonal sowie grobe Pflegefehler – das soll es auch in der "Alloheim"-Seniorenresidenz "Brunswik" geben. Daher bewirbt sich RTL-Reporterin Alesia im Frühjahr 2022 für ein zweiwöchiges Praktikum auf der Station "Junge Pflege". Hier geht sie außerdem dem Vorwurf nach, dass der Konzern mit diesem neuen Konzept eine Lücke im Gesundheitssystem ausnutzen würde, um mehr Profit zu machen. Dabei werden pflegebedürftige Menschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren in einem Altersheim untergebracht und betreut. Und auch in dieser Einrichtung kann Alesia eine Vielzahl an Missständen dokumentieren
Nicht nur die "Alloheim"-Kette muss sich dem harten Urteil von "Team Wallraff" stellen, sondern auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach wird von Günter Wallraff sowie Pflegexpertin Prof. Dr. Tanja Segmüller in einem Interview in die Pflicht genommen. Vor laufender Kamera zeigen sie ihm das Videomaterial aus den Undercover-Einsätzen. Wie konnte es so weit kommen? Für den Gesundheitsminister liegt der Fehler in der Privatisierung der Pflegebranche: "Jetzt ist es so, dass diese privaten Investoren einfach nicht enteignet werden können. Das ist rechtlich so nicht machbar. Rückblickend hätte ich es richtig gefunden, wenn die Pflege einfach eine kommunale Aufgabe geblieben wäre." Was also muss passieren?
Günter Wallraff findet dafür klare Worte: "Die 'Alloheim'-Kette spricht wieder einmal von individuellem Versagen und Einzelfällen. Ich überlasse es Ihnen, dies zu beurteilen. Meiner Meinung nach müssten die teils entwürdigenden Bedingungen sofort abgeschafft werden. Gewinnmaximierung auf Kosten der Bewohnerinnen und Bewohner darf es grundsätzlich in keinem Pflegeheim geben. Konzerne wie 'Alloheim' müssen viel strenger kontrolliert werden – und wenn sie Renditedruck und menschenwürdige Pflege nicht vereinen können, müssen sie geschlossen werden."