Nach der Flucht ist vor der Flucht
n-tv
Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine lassen viele Zehntausend Menschen ihre Häuser, Familien und Freunde zurück und fliehen Richtung Westen. Für einige von ihnen ist es nicht die erste Flucht. Die einen sind verzweifelt, die anderen versuchen, optimistisch zu bleiben. Doch wie es weiter geht, weiß niemand. Zwei Fluchtgeschichten.
"Wir sind 18 Stunden in Richtung Westen gefahren, nur die verdammten Fluchtrucksäcke dabei, das ganze Leben in Kiew zurückgelassen." Natalia Adamowitsch (Name geändert) ist auf der Flucht. Die 28-jährige Belarussin lebt seit drei Jahren in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Besser gesagt: Sie lebte dort. Denn dass sie in der nächsten Zeit in ihre Wahlheimat zurückkehrt, ist so gut wie ausgeschlossen. In der Ukraine herrscht Krieg.
Am frühen Morgen des 24. Februar wurde sie von Explosionen aus dem Schlaf gerissen. Sie schnappte ihren vor Wochen zusammengepackten Rucksack mit den nötigsten Sachen und suchte - wie Tausende weitere Kiewer - zunächst Unterschlupf in einer Metro-Station. Anders als die meisten ihrer Freunde fühlte sich Natalia bereits seit Wochen unsicher angesichts der russischen Truppen an der ukrainischen Grenze. Sie glaubte schon früh an die Möglichkeit eines großangelegten Krieges. Wegen dieser Angst habe sie frühzeitig ihr ganzes Geld abgehoben, ihre wichtigsten Unterlagen habe sie stets dabei gehabt, erzählte Natalia ntv.de einen Tag vor der russischen Invasion.
In diesem Gespräch bezeichnete sie ihren Umzug nach Kiew noch als die beste Entscheidung ihres Lebens. "Ich habe hier viel Schönes erlebt, Freunde kennengelernt, coole Jobs gefunden und meine Liebe getroffen", schwärmt die Journalistin. Doch nur einen Tag später wird ein Albtraum wahr. "Der 24. Februar ist der schlimmste Tag meines Lebens", schreibt die junge Frau auf Instagram.