Nürnberger Oper auf Reichsparteitagsgelände?
DW
Während der NS-Zeit jubelten hier Hunderttausende Adolf Hitler zu. Nun soll die Nürnberger Oper vorübergehend auf das Reichsparteitagsgelände ziehen.
Das Gebäude ist in vielen Ländern der Welt bekannt, meist aus Dokumentationen über die Nazizeit: Die Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände im bayerischen Nürnberg, wo die NSDAP von 1933 bis 1938 ihre Reichsparteitage abhielt. Wo Hunderttausende Menschen einst Hitler zujubelten, soll vielleicht bald die Nürnberger Oper einziehen.
Die drei größten Parteien im Stadtrat, nämlich CSU, SPD und Grüne, einigten sich im Vorfeld einer Stadtratssitzung darauf, die Kongresshalle auf dem von Albert Speer entworfenen NS-Reichsparteitagsgelände als Ausweichquartier für die städtische Oper zu nutzen. Ihre Pläne dazu stellten sie am Freitag, den 10. Dezember 2021, auf einer Pressekonferenz vor.
Grund für den geplanten Umzug: Das Opernhaus im Stadtzentrum muss saniert werden, für mehrere Jahre wird daher ein Ausweichquartier gesucht. Probenräume, Werkstätten und Büros könnten in der Kongresshalle untergebracht werden, die Spielstätte in einem Leichtbau daneben - oder im Innenhof, genau dort, wo während des Dritten Reiches SA- und SS-Truppen aufmarschierten.
Der monströse Koloss, mit dem die Nationalsozialisten einmal im Jahr beim Parteitag ihre absolute Macht demonstrieren wollten, ist heute vor allen Dingen ein Symbol für das Scheitern der Nazis und ihres Größenwahns. Gerade deshalb sehen Fachleute das Vorhaben kritisch: "Was mir Kopfschmerzen bereitet, ist die Frage: Will man einen solchen Bau als schickes Kulturzentrum herrichten?", sagte der Leiter des NS-Dokumentationszentrum, Florian Dierl, der Deutschen Presseagentur. Das Museum ist im Nordflügel der Kongresshalle untergebracht. Gegen mehr Kultur in unmittelbarer Nachbarschaft hat Dierl eigentlich nichts. Diese dürfe aber nicht die Funktion des Erinnerungsortes verwässern, betont er.
Gegen eine Bebauung insbesondere des ikonischen Innenhofes wendet sich auch der Verein "Geschichte für alle". Pascal Metzger hat bereits 1000 Gruppen über das Gelände geführt und jedes Mal dasselbe erlebt: "Wenn die Leute hier reinkommen, wirkt die Architektur auf sie", sagte er der DPA. Wie seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Verein befürchtet Metzger, dass ein Opernhaus im Innenhof die Fassade verstellen und dieses sinnliche Erlebnis mindern könnte. Von der Außenseite mag die Kongresshalle mit ihren riesigen Rundbögen und Granitplatten bedrückend und beeindruckend wirken. Doch vom Innenhof her sieht man eindeutig: Sie wurde nie fertiggestellt.