Mythos Real Madrid lastet tonnenschwer auf Union Berlin
n-tv
Der Aufstieg von Union Berlin ist rasant. Der Klub aus Berlin-Köpenick schreibt an einer der großen Erzählungen der Bundesliga. Aber am Vorabend ihres bislang größten Spiels geraten die "Eisernen" auf ihrem Weg vom Vorstadt-Verein zum internationalen Straßenfeger kurz aus der Spur.
Vor dem Anpfiff gab es nur ein Thema. Wer kommt wie zum Spiel bei Real Madrid? Wenig später standen aufgebrachte Menschen im Fußball-Stadion. "Auf die Fresse, auf die Fresse", schallte es am Sonntag aus tausenden Kehlen in der Alten Försterei in Berlin-Köpenick. Die Zuschauer waren außer sich. Nach einem Foul von Kevin Volland am Leipziger Verteidiger Mohamed Simakan zog Schiedsrichter Daniel Schlager inmitten einer veritablen Rudelbildung die Rote Karte gegen den ehemaligen Nationalspieler. Der wusste, dass die Strafe berechtigt war. Den Fans war es egal. Jede Entscheidung gegen die eigene Mannschaft ist immer falsch. Das Spiel im Stadion ist wenig rational. Besonders in der Alten Försterei.
64 Minuten waren in der Alten Försterei gespielt, der Gegner aus Leipzig lag mit 1:0 in Führung. In den folgenden drei Minuten eskalierten die aufgebrachten Menschen im Fußball-Stadion. Die Wut richtete sich gegen alles und jeden, der nicht die Farben der Heimmannschaft trug. Besonders natürlich gegen Simakan, der vorerst weitermachte. Ohrenbetäubende Pfiffe, eine feindliche Stimmung. Die aufgebrachten Menschen waren durch nichts zu stoppen. Dann stellte Leipzig-Trainer Marco Rose die aufgebrachten Menschen auf stumm. Aus einem tosenden Orkan wurde betretenes Schweigen, Gewissheit, dass es jetzt vorbei ist. "Das war schon ein kleiner, positiver Nebeneffekt für uns: Wir konnten das Stadion auch wieder ein bisschen beruhigen", sagte Rose beiläufig auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Es war wohl mehr als nur ein kleiner Nebeneffekt, Rose hatte Union Berlin mit diesem Kniff final besiegt. Seine Mannschaft hatte die bemerkenswerte Heimserie der Köpenicker beendet. In 24 Bundesliga-Spielen waren sie seit einem 0:3 gegen Borussia Dortmund im Februar 2022 ohne Niederlage geblieben. Trainer damals natürlich Rose, der trotzdem am Saisonende das Westfalenstadion verlassen musste und schon bald in seiner Heimatstadt den Trainerposten vom unglücklichen Domenico Tedesco übernahm.