
Mysteriöse Todesserie unter russischen Oligarchen
DW
In den vergangenen drei Monaten kamen gleich sieben russische Oligarchen unter mysteriösen Umständen ums Leben – teils mit ihren Familien. Die meisten von ihnen kamen aus dem Öl- und Gassektor.
19. April, Lloret de Mar: Die spanische Polizei erhält einen Anruf des russischen Oligarchensohnes Fedor Protosenja. Seine Familie besitzt eine Villa im Ort. Stundenlang, berichtet Fedor, habe er versucht, von Frankreich aus telefonisch seine Mutter zu erreichen, doch die gehe nicht ans Telefon. Als die Polizei das Anwesen erreicht, findet sie nur noch die drei Leichen seiner Eltern und seiner Schwester. Zunächst geht die Polizei davon aus, dass Fedors Vater, der Millionär Sergej Protosenja, die beiden Frauen erstochen und sich dann im Garten der Villa erhängt habe. Schnell kommen jedoch Zweifel am Ablauf der Tat auf.
Ein Tag zuvor, 3000 Kilometer entfernt. Auch hier macht die Polizei einen grausigen Fund: Wladislaw Awajew, auch er ein Multimillionär, sowie seine Frau und seine 13-jährige Tochter liegen tot in ihrer Moskauer Luxuswohnung; Russlands staatliche Nachrichtenagentur Tass berichtet, er habe eine Pistole in der Hand gehalten. Angeblich soll auch er erst seine Frau und seine Tochter und dann sich selbst umgebracht haben; Tatwaffe hier: eine Pistole.
Die beiden Fälle liegen nur 24 Stunden auseinander und weisen nicht nur vom angenommenen Tathergang große Parallelen auf. Denn beide - Protosenja wie Awajew - waren millionenschwere Oligarchen aus den höchsten Kreisen der russischen Öl- und Gasindustrie. Protosenja war einst stellvertretender Vorsitzender des Erdgasunternehmens Novatek, Awajew Vizepräsident der Gazprombank. Und sie gehören zu einer ganzen Reihe mysteriöser Todesfälle unter russischen Oligarchen - vor allem aus der Energiebranche - in diesem Jahr.
Bereits Ende Januar, also noch vor Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine, soll Leonid Schulman, ein 60-jähriger Top-Manager bei Gazprom, Selbstmord begangen haben, ebenso wie Alexander Tjuljakow, der am 25. Februar erhängt in seinem Haus in St. Petersburg gefunden wurde. Auch Tjuljakow war ein ehemaliger Manager des russischen Energieriesen. Drei Tage später wurde der in der Ukraine geborene Mikhail Watford, auch er ein Gas- und Ölmagnat, erhängt in der Garage seines Herrenhauses im britischen Surrey aufgefunden.
Am 24. März wurde der Milliardär Wasiliy Melnikow, der den medizinischen Versorgungsriesen MedStom leitete, zusammen mit seiner Frau Galina und ihren beiden kleinen Söhnen tot in ihrer mehrere Millionen Dollar teuren Wohnung im russischen Nischni Nowgorod aufgefunden. Auch in diesem Fall gibt es große Parallelen zu den Todesfällen von Protosenja und Awajew.