Mysteriöse Signale aus dem All
Süddeutsche Zeitung
Astronomen beobachten eine ungewöhnliche Radioquelle in der Milchstraße. Sie könnten einen neuartigen Sternentyp gefunden haben.
Man darf sich Astronomen bei aller Begeisterung für Himmelsphänomene eher als nüchterne Analytiker vorstellen. Umso überraschender ist es deshalb, wenn sie eine Entdeckung als "spooky" beschreiben, als unheimlich. Ein australisches Forscherteam hat etwas in der Milchstraße entdeckt, von dem etwa drei Mal in der Stunde jeweils für eine Minute lang massenhaft Energie in Richtung Erde strömt und dabei als eine der hellsten Radioquellen am Himmel erscheint - etwas, was die Fachwelt so noch nicht beobachtet hat.
"Über Stunden hinweg tauchte das Objekt auf und verwand wieder", sagt Natasha Hurley-Walker von der Universität Curtin im westaustralischen Perth über die Entdeckung. "Bisher ist nichts Vergleichbares am Himmel bekannt." Die Quelle der langwelligen Radiostrahlung liegt in der Nähe des südlichen Sternbilds Norma und ist etwa 4000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Angesichts des Durchmessers der Milchstraße von etwa 100 000 Lichtjahren ist das nicht allzu weit und laut Hurley-Walker quasi "unser galaktischer Hinterhof".
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Das hellstrahlende, kompakte Objekt sei kleiner als die Sonne und sende polarisiertes Licht aus, was ein Hinweis auf ein starkes Magnetfeld sei, schreiben die Wissenschaftler um Hurley-Walker im Wissenschaftsjournal Nature. Da Radiowellen für Menschen nicht sichtbar sind, lässt es sich mit dem Auge allerdings nicht erkennen. Entdeckt hat das bizarre Objekt 2018 der damalige Student Tyrone O'Doherty mit dem Murchison Widefield Array (MWA) im Outback von Westaustralien. Das Teleskop besteht aus zahlreichen, verhältnismäßig kleinen und starren Antennen, die ihren Blick in den Himmel elektronisch gesteuert ausrichten.
Im Universum gibt es viele Sterne, deren Strahlkraft schwankt. Beobachten Astronomen beispielsweise über Tage hinweg ein aufleuchtendes Objekt am Himmel, sehen sie häufig die Explosion einer Supernova, also den spektakulären Tod eines großes Sterns - oder zumindest die Vorgänge in den Monaten danach. Blinkt der Stern dagegen regelrecht, manchmal im Takt von Millisekunden, kann es sich um schnell rotierende Neutronensterne handeln, ausgebrannte Sternenleichen mit starkem Magnetfeld. Denn häufig senden solche veränderlichen Sterne Radiowellen in eine bestimmte Richtung aus. Gerät die Erde in die Strahlenachse dieser Sterne, blitzen die Objekte aus irdischer Perspektive auf.