Moria: Wer entscheidet über die Aufnahme?
ZDF
Prozess am Bundesverwaltungsgericht: Darf das Bundesinnenministerium einem Bundesland verbieten, Geflüchtete aus anderen EU-Staaten aufzunehmen?
Es war ein politischer Streit, der wochenlang für Schlagzeilen sorgte: Im Sommer 2020 wollte das Land Berlin 300 besonders schutzwürdige Personen aus dem Lager Moria aufnehmen. Die Zustände in dem Geflüchtetenlager auf der griechischen Insel Lesbos waren damals miserabel. Doch die 300 Menschen kamen nicht, denn der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) blockierte das Vorhaben, er verweigerte seine Zustimmung.
Der Streit landet nun - knapp zwei Jahre später - vor Gericht. Er entzündet sich an einer speziellen juristischen Konstellation und am komplizierten Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Denn eigentlich ist der Bund für die Asyl- und Flüchtlingspolitik zuständig.
Das Aufenthaltsgesetz erlaubt es den Bundesländern aber, "Ausländer aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmte Ausländergruppen" aufzunehmen - und zwar aus "völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland". Das Besondere: Die schutzsuchenden Menschen müssen in solchen Fällen kein Asylverfahren durchlaufen, sondern werden direkt vom entsprechenden Bundesland aufgenommen - sie erhalten eine Aufenthaltserlaubnis.
Mit dieser besonderen gesetzlichen Regelung wurden immer wieder schutzbedürftige Menschen nach Deutschland geholt. Zum Beispiel nahm Baden-Württemberg ab 2015 rund 1.000 traumatisierte jesidische Frauen und Kinder auf, die im Nordirak Opfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" geworden waren. Auch Familienangehörige wurden nachgeholt, zum Beispiel Menschen aus Syrien.
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Das Aufenthaltsgesetz schreibt allerdings vor, dass die Bundesländer dies nur dann dürfen, wenn das Bundesinnenministerium dazu sein "Einvernehmen" erteilt - also aktiv zustimmt. Diese Zustimmung soll laut Gesetz die "Wahrung der Bundeseinheitlichkeit" sicherstellen - damit soll verhindert werden, dass sich die Aufnahmebedingungen in den Ländern zu sehr voneinander unterscheiden.
Im Fall der 300 Menschen aus Moria, die das Land Berlin 2020 aufnehmen wollte, lehnte das Bundesinnenministerium eine Zustimmung ab. Eine Aufnahme aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sei über diese Regelung gar nicht möglich, so das Ministerium.