Mit Tuchel geht der FC Bayern maximal ins Risiko
n-tv
Auf den einen Hammer folgt direkt der nächste: Der FC Bayern trennt sich von Trainer Julian Nagelsmann und verpflichtet Thomas Tuchel als dessen Nachfolger. Mit fünf Jahren Verspätung kommt der 49-Jährige nun doch noch zur Säbener Straße.
Vor fünf Jahren hatte der FC Bayern schon einmal intensiv um Thomas Tuchel gebuhlt. Damals entbrannte an der Säbener Straße sogar ein Machtkampf der alten Alphatiere. Klubchef Karl-Heinz Rummenigge wollte den Coach unbedingt zum Rekordmeister holen. Und er bewies dabei mehr kühlen Weitblick als sein Rivale Uli Hoeneß. Der hatte sich in den Glauben verstiegen, dass sein guter Freund Jupp Heynckes, damals aus der Rente als Nothelfer eingesprungen, gegen die eigene und vehement vertretene Ansage doch noch länger bleiben würde, als nur bis zum Ende der Saison 2017/18. Heynckes hielt Wort, Tuchel wechselte zu Paris St. Germain und die Münchner verpflichteten Niko Kovac und erhoben ihn zur Wunschlösung. Hoeneß war sein Patron.
Nun wiederholt sich die Geschichte. Nur dieses Mal mit deutlich größerer Dringlichkeit. Weil Tuchel nach seinem Rauswurf beim FC Chelsea in den vergangenen Wochen immer heißer gehandelt worden war, unter anderem bei den Tottenham Hotspur, mussten die Münchner schneller zugreifen, als es ihnen selbst lieb war. Weil das auf mindestens eine halbe Dekade angelegte Projekt mit Julian Nagelsmann bereits nach nicht mal zwei Jahren immer heftiger ins Wanken geraten war. Weil es in der Bundesliga (nur noch Zweiter) und der Champions League (im Viertelfinale gegen das Überteam von Manchester City) zu scheitern drohte, ergriffen die Bayern-Bosse zum Frühlingsanfang 2023 die Gelegenheit und korrigierten sich gewissermaßen selbst.
Tuchel soll in München schaffen, was immer schwerer zu werden droht. Er soll das Modell der geheiligten Familie als erfolgreichen Gegenentwurf zu den seelenlosen Investorentruppen behaupten. Dass Tuchel in seiner Vita mit Paris St. Germain und dem FC Chelsea gleich zwei solcher Stationen stehen hat, ist durchaus feine Ironie dieser überraschenden Entscheidung der Bosse von der Säbener Straße. Ebenso, dass der FC Bayern mit dem Trainer-Menschenfänger Hansi Flick 2020 den Pariser Traum mit Coach Tuchel vom Henkelpott zerstörte. Nie war der katarisch finanzierte Luxusklub näher dran an der Sehnsuchtstrophäe.
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