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Missbrauch von Münster: Beim Verlesen des Urteils versagt dem Richter die Stimme
RTL
Es passiert nicht oft, dass einem Richter am Landgericht bei der Urteilsverkündung die Stimme versagt. An diesem Dienstag ist es so weit.
Es passiert nicht oft, dass einem Richter am Landgericht bei der Urteilsverkündung die Stimme versagt. An diesem Dienstag kommt es dazu: Der Vorsitzende Richter Matthias Pheiler kann plötzlich nicht mehr weitersprechen. Im zentralen Prozess um den Kindesmissbrauchskomplex von Münster werden der Hauptangeklagte Adrian V. und seine Komplizen zu zehn bis 14 Jahren Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Immer wieder ringen die Richter sicherlich erschüttert um Fassung. Der Prozess gewährt einen Einblick in die emotionale Belastung, der Ermittler bei derartigen Fällen ausgesetzt sind. Nach knapp acht Monaten und mehr als 50 Verhandlungstagen zählt der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung noch einmal auf, welche Grausamkeiten die missbrauchten Kinder erleiden mussten. Die vier Angeklagten dokumentierten die Vergewaltigungen nicht nur haarklein. Die Aufnahmen zeigen auch, mit welcher Gleichgültigkeit die Täter den Kindern begegneten. Pheiler nennt es "absolut verstörend", wie die Männer grausamste Gewalttaten "ohne jeden Skrupel" verübten. Insbesondere die lückenlose Videoaufzeichnung dokumentiere, wie "rücksichtslos und mitleidslos" sie vorgegangen seien. So verbrachten die vier Männer im März 2020 ein gemeinsames Wochenende in der Gartenlaube der 46-jährigen Mutter von V., um anlässlich seines 27. Geburtstages zwei Kinder zu missbrauchen. Über drei Tage hinweg wurden hier der Ziehsohn von Adrian V. sowie der damals fünf Jahre alte Sohn eines der Männer auf brutale Art und Weise wiederholt und über Stunden vergewaltigt. Zwischendrin habe man sie außerdem betäubt - mit einem toxischen Lösungsmittel, das die Gefahr von Herz- oder Atemstillständen mit sich bringe, so der Richter. Die Gesprächsfetzen aus dem Video, die er ausschnitthaft wiedergibt, verstärken den Eindruck, dass die Täter sich enthemmt und ohne ersichtliches Schuldbewusstsein an den Kindern vergingen. "Bedient euch", sagt einer. "Das Buffet ist eröffnet", entgegnet der andere. Am Ende der knapp zweistündigen Urteilsverkündung wird es dem Richter zu viel. Er ist emotional so erfasst, dass seine Stimme versagt.More Related News