
Missbrauch in der Katholischen Kirche: Papst Benedikt erinnert sich plötzlich
Frankfurter Rundschau
Ein Missbrauchsgutachten aus Bayern zu den Verbrechen der Katholischen Kirche belastet auch Papst Benedikt XVI. Der emeritierte Würdenträger korrigiert seine Aussage.
Update vom 24.01.2022, 11.40 Uhr: Der im Ruhestand befindliche Papst Benedikt XVI. hat seine eigene Aussage im Missbrauchsskandal der Katholischen Kirche korrigiert. Der emeritierte Pontifex erinnert sich nun doch daran, dass er im Jahr 1980 in seiner damaligen Funktion als Erzbischof von München und Freising an einer Sitzung teilgenommen habe, bei der über einen anderen Priester gesprochen wurde, der sich mehrfach sexuell an Kindern vergangen haben soll.
Das teilte Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein0 in einer Presseerklärung mit. Zunächste hatte die ARD-Tagesschau über die korrigierte Aussage Benedikts berichtet. Besagter Priester wurde laut demnach später in Bayern wieder als Seelsorger eingesetzt.
Erstmeldung vom 21.01.2022: München – Laut einem neuen Missbrauchsgutachten, das eine Münchner Anwaltskanzlei im Auftrag des Erzbistums München und Freising über die katholische Kirche erstellt hat, trägt der emeritierte Papst Benedikt XVI. eine „zumindest moralische Mitverantwortung“ an zahlreichen Missbrauchsfällen, die während dessen Amtszeit als Kardinal und Erzbischof von München und Freising nachweisbar sind.
Laut des Gutachtens sind allein in dem Bistum in Oberbayern zwischen 1945 und 2019 mindestens 497 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch geworden, 173 von 235 Kirchenbediensteten unter den mutmaßlichen Tätern seien Priester gewesen. Bei diesen Zahlen handle es sich jedoch um das so genannte Hellfeld: Die Ersteller:innen des Gutachtens von der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) rechne mit einer deutlich höheren Dunkelziffer und sprechen im Gutachten von einer „Bilanz des Schreckens“. Der Sprecher der Opferinitiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, sprach in einer Stellungnahme von einer „historischen Erschütterung“ der katholischen Kirche.
Dem emeritierten Papst Benedikt XVI. werfen die Autor:innen in insgesamt vier Fällen zwischen 1977 und 1982 Fehlverhalten vor. Dazu zählt auch der besonders schwere Fall eines Missbrauchstäters, den der damalige Kardinal „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ wissentlich in der Seelsorge eingesetzt habe. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe soll der spätere Papst unwahre Angaben gemacht haben.