
Militärcoups in der Sahelzone: Ist die Demokratisierung Afrikas gescheitert?
Frankfurter Rundschau
Sechs Putsche in Afrika in nur anderthalb Jahren, zuletzt in Burkina Faso: Mit militärischen Mitteln ist den Extremisten nicht beizukommen. Zeit, mit ihnen zu reden. Die Analyse.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wehte ein Wind über Afrika: das frische Lüftchen der Demokratie. In zahlreichen Staaten des Kontinents fanden damals zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder Wahlen statt. Die Zeit der Despoten und Militärherrscher schien zum Ende gekommen zu sein.
Doch heute, mehr als 30 Jahre später, geht der Trend in die andere Richtung. In den vergangenen anderthalb Jahren fanden in Afrika nicht weniger als sechs militärische Umstürze statt. Der jüngste am Montag im westafrikanischen Sahelstaat Burkina Faso. Ist die Demokratisierung des Kontinents gescheitert?
Zunächst ein erster Vorbehalt: Ein Putsch ist niemals wie der andere – wer keine nutzlosen Phrasen dreschen will, muss genauer hinschauen. Im Oktober fand im Sudan ein Coup statt, der einer despotischen Militärclique die Fortsetzung ihrer jahrzehntelangen Raubherrschaft ermöglichen soll. Ein Versuch, der mit allen nichtmilitärischen Mitteln gestoppt werden sollte.
Ganz anders im derzeitigen Zentrum der Putsche: der westafrikanischen Sahelzone, wo die Hälfte der jüngsten Coups stattfand, also Mali (gleich zweimal) sowie Burkina Faso. Keiner kann behaupten, dass dort eine alteingesessene Militärclique ihre Pfründen zu retten sucht. Eher versuchen Soldaten dort ihre Haut zu retten. Die Sahelzone wird seit zehn Jahren von Umtrieben extremistischer Islamisten erschüttert, deren Ursprünge auf den gescheiterten Arabischen Frühling in Libyen zurückzuführen sind: Dass dieser dort so katastrophal scheiterte, war nicht zuletzt einer fehlgeleiteten Bombenintervention der Nato zuzuschreiben.
Die Splitter des zerbombten Muammar-Gaddafi-Regimes verteilten sich über die gesamte Region: entwurzelte Gaddafi-Getreue und antiwestliche Gotteskämpfer, die in der Sahelzone auf günstige Bedingungen stießen. Arme, von der Klimaveränderung gebeutelte Staaten, deren junge demokratische Regierungen noch keine belastbaren Institutionen hervorgebracht hatten, mit schlecht ausgebildeten und gerüsteten Streitkräften, die den aus Gaddafi-Beständen bestens bewaffneten Dschihadisten nicht Paroli bieten konnten.