
Mikis Theodorakis: Folklore und Kampf
Frankfurter Rundschau
Ein Nachruf auf Mikis Theodorakis, der nicht nur als Musiker, sondern auch politisch aktiv war.
Seinen Platz auf dem Olymp hatte der griechische Komponist und Musiker spätestens eingenommen, als man ihn auch in den bürgerlichen Musentempeln der Welt erleben konnte. Auf Plakaten und Programmheften prangten spätestens seit den späten 90er Jahren Titel, die der Berühmtheit seines Namens goldfarben und in Serifen Ausdruck verliehen. „Theodorakis Classics“. Zu diesem Zeitpunkt lag der Durchbruch des 1925 auf der Insel Chios geborenen Konservatoriumsabsolventen bereits mehr als dreißig Jahre zurück. Die Siegel seines Erfolgs außerhalb Griechenlands waren die Filmmusik zu dem Film „Alexis Sorbas“, die „Ballade von Mauthausen“ sowie seine Garcia-Lorca- und Pablo- Neruda-Vertonungen. Theodorakis hatte im Kampf gegen die deutsche Besatzung und mit der Teilnahme am griechischen Bürgerkrieg, in Gefangenschaft und Folter ähnliche, sein künstlerisches Selbstverständnis prägende Erfahrungen gemacht wie sein fast gleichaltriger Landsmann und Kompositionskollege Iannis Xenakis. Beide waren nach der Haftentlassung in Paris sesshaft und Kompositionsschüler Olivier Messiaens geworden. Während Xenakis seine politischen Erfahrungen in einer Ästhetik der (Ton-)Massenbewegungen auf der Basis mathematischer Kalküle vermittelte und zu einem Leuchtturm der Neue-Musik-Avantgarde wurde, griff Theodorakis auf viele griechische folkloristische Elemente zurück. Bei ihm sollte Musik nicht über Ton-Massen, sondern für Menschen-Massen geschrieben werden. Töne und Klänge versuchte er im Sinne von Hanns Eislers Konzept einer angewandten Musik zu funktionalisieren und nützte sie seit Beginn der 60er Jahre auch als Treibsatz für eigene Ambitionen in der griechischen Politik. So saß er nicht nur am Klavier und Notenpult, sondern nach dem von ihm mitbetriebenen Sturz der Obristen-Junta auch im Parlament und am Kabinettstisch. In alle möglichen ästhetische und volkspädagogische Belange hineinwirkend. Bis in die 90er Jahre war da ein Künstler gleich dem dichtenden Minister in Weimar aktiv. Mehr als 1000 Lieder, mehrerer Kantaten, Oratorien, zahlreiche Opern, Sinfonien und eine Fülle von Werken aller weiteren musikalischen Gattungen gehören zu seiner Hinterlassenschaft.More Related News