Michelle Bachelet: "Ich stand unter enormem Druck"
DW
Einst war sie Folteropfer des chilenischen Pinochet-Regimes. Zum Ende ihrer Amtszeit spricht die UN-Kommissarin über gegenwärtige Pressionen im Zusammenhang mit China.
Die scheidende UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat staatliche Einflussnahme im Zusammenhang mit einem geplanten Bericht über die Menschenrechtslage in China beklagt. Sie bestätigte, einen Brief von rund 40 Regierungen erhalten zu haben, die sie davon abhalten wollten, einen Text über die Lage der Uiguren und anderer Minderheiten in der chinesischen Provinz Xinjiang zu veröffentlichen. Um welche Staaten es sich handelt, blieb offen.
"Ich bin unter enormem Druck gewesen - sowohl, den Bericht zu veröffentlichen, als auch, ihn nicht zu veröffentlichen", sagte Bachelet. Doch sie werde sich Druck niemals beugen. Ihr Büro arbeite daran, das Dokument wie geplant im August zu publizieren, also noch während ihrer Amtszeit, die am Mittwoch endet. Im vergangenen Jahr hatte die UN-Kommissarin die Veröffentlichung verschoben, weil China sie nach jahrelangen Verhandlungen schließlich einlud, sich in der Region selbst ein Bild zu machen.
Bachelet besuchte im Mai unter anderem Xinjiang, hielt sich mit Kritik am Vorgehen Pekings in der Provinz indes sehr zurück. Hierfür wurde sie von der Bundesregierung, vielen weiteren Ländern und Organisationen kritisiert: Eine Aufklärung mit Blick auf den Vorwurf schwerer Menschenrechtsverletzungen sei ausgeblieben, hieß es.
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen und geflohenen Uiguren sind Hunderttausende Angehörige dieser Volksgruppe ebenso wie Mitglieder anderer Minderheiten in Umerziehungslagern interniert. Der UN-Sonderberichterstatter für Sklaverei, Tomoya Obokata, erklärte letzthin, in einigen Fällen könne Versklavung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegen. China weist die Vorwürfe zurück, verbittet sich jegliche Einmischung von außen und spricht von Lügen.
Bachelet ist seit 2018 im Amt. Die 70-Jährige, die unter der Militärdiktatur in ihrer Heimat Chile 1975 inhaftiert und gefoltert worden war und die Jahrzehnte später zweimal als Präsidentin an der Staatsspitze stand, bewarb sich nicht um ein zweites Mandat als Hochkommissarin. UN-Generalsekretär António Guterres hat noch keinen Nachfolger benannt.