Michel Houellebecq im Plural
Frankfurter Rundschau
Kaleidoskopisches Lesebuch: Agathe Novak-Lechevaliers fundamentaler Band zum französischen Schriftsteller ist jetzt auf Deutsch erschienen.
Eine SMS für Bernhard-Henri Levy in Paris. Der Publizist erhält sie an einem Sonntag im Winter 2007. Ihr Inhalt: „Ich habe beschlossen, heute Abend Selbstmord zu begehen.“ Der Absender: Michel Houellebecq.
Levy kennt den Autor kaum. Doch die Sache scheint ernst zu sein. Oder zumindest unübersichtlich. Jedenfalls schlägt Levy vor, sich sogleich zum Abendessen im Ritz zu treffen. Dort angekommen, sitzt „mein zukünftiger Freund schon da“. Im grünen Parka „inmitten der uniformierten Kellner, die ihn nicht erkennen, die er aber trotzdem einschüchtert“. Der Autor wirkt niedergeschlagen, aber mit einer undefinierbaren Freiheitsregung, „die sowohl auf die getroffene Entscheidung, das Ganze zu beenden, als auch auf die Entschlossenheit hindeuten kann, sein Leben nicht so bald wegzuwerfen.“
Soll man schaudern, soll man lächeln? Auf jeden Fall ist es eine Szene, die „houellebecqisch“ genannt werden könnte. Angelegt zwischen Verzweiflung und Widerständigkeit, Nihilismus und Galgenhumor. Nachzulesen ist sie jetzt in dem Sammelband „Michael Houellebecq“, der auf einer Ausgabe der renommierten französischen Reihe „Cahiers de l’Herne“ basiert. Wer dort mit einer dieser üppigen Zusammenstellungen aus Textsorten aller Art gewürdigt wird, zählt zum literarischen Pantheon. In diesem Monat erscheint dort ein solches Puzzle rund um Hannah Arendt. Michel Houellebecq, dem Autor der Romane „Ausweitung der Kampfzone“, „Elementarteilchen“, „Karte und Gebiet“ oder „Unterwerfung“, wurde diese Ehre 2016 zuteil.