Meinung: Die Ertrunkenen im Ärmelkanal - Europas Schande
DW
27 Menschen starben am Mittwochabend bei dem Versuch, mit einem Schlauchboot von Frankreich nach Großbritannien überzusetzen. Viele haben Schuld an dieser Tragödie, meint Barbara Wesel.
Der Grad der Verzweiflung, der Menschen dazu treibt, an einem kalten Novemberabend in ein seeuntüchtiges Schlauchboot mit Kurs auf die britische Küste zu steigen, ist kaum zu ermessen. Zumal wenn Mütter ihren Kindern dabei einreden müssen, die Reise sei nicht gefährlich und man werde sicher gleich ankommen. Und wenn die Fahrt dann furchtbar schief geht, wie an diesem Mittwoch, vergießen die betroffenen Politiker ihre Krokodilstränen. Man sei traurig und betroffen tönen Boris Johnson und Emmanuel Macron und versprechen, die tödlichen Reisen irgendwie zu unterbinden.
"Warum hat Frankreich sie nicht aufgehalten?" fragt am Tag danach ein britisches Massenblatt. London zeigt mit dem Finger auf die Nachbarn und ignoriert völlig die eigene Verantwortung. Seit dem Brexit aber ist Großbritannien selbst für seine Grenzen verantwortlich und das ist eben schwieriger, als die Propaganda den Bürgern vorgegaukelt hat. Der Anspruch auf die Hilfe von Frankreich oder Belgien ist weg und auch das Recht ist verloren, Migranten dorthin zurückzuschieben.