Mehr jaulende Kätzchen als brüllende Löwen: England, oh dear!
n-tv
Ist das abgezockt oder fürchterlich? Am Spiel der englischen Fußball-Nationalmannschaft scheiden sich die Geister, nicht erst seit dieser EM. Doch beim zweiten Auftritt in diesem Turnier bekommt der Favoritenstatus der "Three Lions" erste große Kratzer.
Diese Fußball-EM ist bislang eine große Party. Die Schotten helfen einer Oma im Regen und feiern Deutschlands Biervorräte leer, in Dortmund melden die ersten Kneipen Alarm. In der gleichen Stadt verzaubern die Türken und Georgier den Kontinent mit einem Schlagabtausch, der kaum noch zu toppen ist. Die DFB-Elf wächst zu einem Titelfavoriten, der Trainer-Ikone Ewald Lienen bereits zu einem Autokorso bewegen möchte. Österreich knöpft sich die Franzosen vor und muss sich am Ende knapp der gigantischen Qualität der "Équipe Tricolore" beugen. Die Spanien zaubern, die Albaner kämpfen sich in die Herzen. Ach, alles herrlich.
Nur nicht bei den Engländern. Die müssen zum Auftakt ins "Shithole" Gelsenkörken und kommen da nicht mehr weg. Zumindest einer nicht. Alle andere mit reichlich Verspätung und Unmut. Und sie kamen ohnehin schon in geschlagener Stimmung. Der letzte Test vor der EM gegen Island wird zur "Horrorshow von Wembley". Kann doch alles gar nicht sein, diese Mannschaft ist doch der Top-Favorit auf den Titel. Wobei man "ist" nach dem 2. Spieltag durch "war" ersetzen muss. Mit einer Leistung, die mit "gurkig" ganz gut beschrieben ist, retten die "Three Lions" in Frankfurt ein wackliges Remis (1:1) gegen Dänemark. Kyle Walker, höchst dekorierte Fachkraft von Superteam Manchester City, findet an den Vorgängen im mächtigen Stadion der Eintracht nichts Schlimmes: Spitzenplatz in der Gruppe verteidigt. Verdienten Punkt ergattert. So sieht er das.
Diese wohlwollende Meinung hatte der pfeilschnelle Außenverteidiger recht exklusiv. Aus der Heimat flog den Löwen kurz nach Abpfiff die erste krachende Headline-Ohrfeige um den Kopf: "Was für eine schreckliche Leistung", schimpfte der "Daily Mirror". Nichts, wirklich gar nichts an diesem Spiel hatte Argumente dafür geliefert, dass am 14. Juli die große Titel-Sehnsucht nach 58 Jahren gestillt wird. Nicht mal das eigene Tor, erzielt von Harry Kane nach 18 Minuten. Auf der linken Abwehrseite fällt der Däne Victor Kristiansen in einen fatalen Sekundenschlaf, Walker sprintet dazwischen, seine abgefälschte Hereingabe landet bei Kane. Und der macht die Dinger aus kurzer Distanz dann eben locker weg - 1:0. Das Spiel war gerade ein wenig munterer geworden.