Max Otte soll AfD-Kandidat werden
Süddeutsche Zeitung
Parteichef Tino Chrupalla will das CDU-Mitglied und höchst umstrittenen Chef der Werteunion auch gegen interne Widerstände und das gemäßigte Lager durchsetzen.
Der Termin der Bekanntgabe steht. An diesem Donnerstag will die AfD öffentlich präsentieren, wen die Partei als Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten ins Rennen schickt. Es sollte eigentlich eine Personalie werden, um die zerstrittene Partei endlich wieder zu versöhnen. Doch nun droht das Gegenteil. Denn Co-Parteichef Tino Chrupalla plant einen Überraschungscoup. Zusammen mit anderen weit rechts stehenden Vorkämpfern aus der AfD-Spitze will er Max Otte, den Chef der ultrakonservativen Werteunion zum AfD-Kandidaten für das höchste Staatsamt machen und verärgert damit den gemäßigten Teil der Partei.
In einer Telefonkonferenz des AfD-Bundesvorstands am Montag Vormittag sei das CDU-Mitglied bereits als möglicher Kandidat genannt worden, heißt es weiter. Otte soll zuvor seine Bereitschaft signalisiert haben. Doch im Bundesvorstand platzte die von Chrupalla erhoffte Einigung. "Nach längerer Diskussion" habe der Bundesvorstand noch keine Entscheidung zum Bundespräsidenten-Kandidaten getroffen, sagte ein Sprecher am Montag. Der Vorstand werde sich zeitnah mit den Landessprechern abstimmen.
Vor allem das für AfD-Verhältnisse gemäßigte Lager von Noch-Co-Chef Jörg Meuthen läuft nach SZ-Informationen Sturm gegen die Personalie. In Kreisen des AfD-Bundesvorstands wurde der Vorschlag gar als "toxische Personalie" beschrieben, die die derzeit ohnehin zerrissene Partei noch tiefer spalten könnte. Intern habe Meuthen vor einem "Rohrkrepierer zum Schaden der Partei" gewarnt, heißt es weiter. Er liegt mit Otte auch persönlich über Kreuz.
Der 57-Jährige Ökonom Otte hat schon länger enge Kontakte zur AfD. Von Juni 2018 bis Januar 2021 war er zudem Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Er musste jedoch gehen, nachdem er dafür geworben hatte, auch die Akteure des aufgelösten und als rechtsextrem eingestuften "Flügels" innerhalb der Partei einzubinden. Das lehnte andere Teile der DES-Spitze ab. Auch in der Werteunion war Otte lange umstritten. Im Herbst 2019 wollte ihn die Vereinigung noch aus der CDU ausschließen lassen. Damals hatte Otte nach der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke von Hetze gegen Rechte gesprochen. Otte hatte den Tweet später gelöscht und sich bei der Familie entschuldigt.
Die Personalie gilt auch als brisant, weil die AfD gerade versucht, sich als gemäßigt darzustellen. Sie geht vor Gericht gegen die vom Verfassungsschutz geplante Einstufung der gesamten Partei als rechtsextremen Verdachtsfall vor. Anfang März will ein Gericht über Klagen der Partei gegen den Inlandsgeheimdienst und sein Vorgehen verhandeln. Eine neue Debatte über einen Rechtsruck käme da ungelegen.