
Marmorkuchen statt Prinzessinnentorte
n-tv
Trauernde Eltern, die Freundin am Boden zerstört, ein Mord (fast) ohne Motiv und ein Big Name als Mörder - alles schon mal gehört? In der Tat. Ein wenig mehr Pfiff hätte Voss und Ringelhahn in Nürnberg gut zu Gesicht gestanden.
Manchmal reicht der Klick mit den richtigen Begriffen in der Google-Suche, dann schreibt sich allein aus den Ergebnissen fast schon eine eigene Geschichte. Zwei der aufgeladensten Treffer, wenn man "Tatort" und "Warum" eingibt: "Warum ist der Tatort so schlecht?" und "Wo kann ich mich über den Tatort beschweren?". Insbesondere letzteres wäre wirklich mal eine interessante Frage, oder vielmehr eine köstliche Vorstellung. Irgendwo sitzt da ein armer Tropf von der ARD, in einer dieser mit Paneele ausgekleideten Amtsstuben, einer ehemaligen Drehkulisse womöglich, durch die früher Manne Krug oder Karin Anselm schlurften, und wartet auf wütende Anrufer.
Nach einem "Tatort" wie dem an diesem Sonntag bimmelt es vielleicht schon um 21.45 Uhr. Klaus Doldinger ist noch am Grooven, der letzte Akkord der Schlussmelodie kaum verhallt, irgendwo rückt sich Anne Will das Chasuble für die Anmoderation zurecht, da hagelt es schon Fragen über Fragen. Vielleicht nicht unbedingt jene danach, warum der "Tatort" denn, siehe oben, so schlecht ist. Weil … schlecht war er ja nun wirklich nicht. Vielleicht stattdessen die Frage, warum das Ding im letzten Drittel denn so vollends Richtung Klischee wegpröttelt - böse Industrielle, rachsüchtige Eltern, an Sinn und Verstand zweifelnde Kommissare - und dabei nicht den Hauch eines "Ach, das hätte ich ja nun wirklich nicht erwartet" aufzubieten hat.
An der Erfahrung und am Können der Macherinnen und Macher wird es nicht liegen, das "Gründungsteam" um Regisseur Max Färberböck vereint die volle Routine auf sich. Oder ist es vielleicht gerade das? Demokratie statt Kunst, Konsens statt Wagnis, Old School statt New Wave? Dramaturgisch ist am Ende alles dort, wo es hingehört, aber richtig britzeln tut es nicht, die Zutaten so ein bisschen wie eine Backmischung, alles bestens austariert, aber eben Marmorkuchen statt, sagen wir mal, schwedische Prinzessinnentorte. Irgendwie ganz lecker, aber raffiniert geht anders.

Wer wäre ich heute, wenn ich statt des BWL-Studiums die Kunsthochschule gewählt hätte? Wenn ich nicht in die Großstadt gezogen wäre? Wenn ich noch heute mit meiner Jugendliebe zusammen wäre? In Ihrem Debütroman stellt die Autorin und Podcasterin Anne Sauer jene Frage, die jede und jeden schon einmal umgetrieben haben dürfte: Was wäre wenn? Es geht um Toni, eine Frau Anfang 30, die mit ihrem Freund Jakob in einer kleinen, besonders hellhörigen Mietswohnung in der Großstadt wohnt. Die beiden wünschen sich ein Kind - zumindest solange, bis Toni sich fragt, ob es wirklich ihr Wunsch ist, dem sie seit Monaten hinterherjagt. Eines Tages wacht sie in einem großen, beige eingerichteten Haus in ihrem Heimatdorf auf. Sie ist offenbar mit ihrer Jugendliebe Adam verheiratet - und auf ihrer Brust liegt ihr neugeborenes Baby Hanna. Anne Sauer schafft eine Parallelwelt: ein Leben mit, eins ohne Kinder. Sie schreibt darüber, wie schmerzlich, beklemmend und schön das Mutterwerden sein kann. Gleichzeitig. Warum diese Ambivalenz viel öfter Thema sein sollte, erzählt sie im Gespräch mit ntv.de.