Markus Lanz (ZDF): Nach Kirchen-Skandal – Cem Özdemir entschuldigt sich bei TV-Moderator
Frankfurter Rundschau
Bei Markus Lanz (ZDF) wird über die Skandale in der katholischen Kirche debattiert. Im Fokus: der Machtmissbrauch.
Hamburg – Zwei „pervertierte Systeme“: Bei Markus Lanz (ZDF) diskutieren Dr. Christiane Florin (Redakteurin für Religion und Gesellschaft im Deutschlandfunk) mit Manfred Lütz (Psychiater und Theologe) über Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche sowie Anne Kunze (Journalistin der „Zeit“) mit Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft) über den Bio-Missbrauch der ökologischen Landwirtschaft.
Cem Özdemir entschuldigt sich zunächst bei Markus Lanz (ZDF): Ihm tun die Leute leid, die in der Kirche aktiv sind. Er selbst kommt aus einer muslimischen Familie, auch im Islam gibt es genug aufzuarbeiten, was Machtmissbrauch angeht. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“, zitiert er aus dem Evangelium nach Matthäus. Das sollte seiner Meinung nach für jede Religion gelten. Wenn er da sieht, wie viele über jene hinweg gehen, die schwächer sind, wünscht er sich, dass einmal ehrlich und mit Konsequenzen die Sachverhalte aufgearbeitet werden.
„Die Betroffenen übersehen zu haben“, wird Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, in seiner Ansprache eingespielt, „das ist unverzeihlich.“ Am Beispiel von Peter H., einem Priester, der versetzt wurde, um eine Therapie aufgrund seiner Pädophilie zu beginnen, werden bei Markus Lanz (ZDF) die Sachverhalte näher beleuchtet. Obwohl der Therapeut die Kirche warnte, dieser Mann dürfe nie mehr mit Kindern zusammen arbeiten, setzt diese ihn wieder ein. Schon 1986 wird er wegen zwölf Missbrauchsfälle verurteilt. Mit dem Ergebnis, dass er erneut versetzt wird – und weitermachen darf.
Besonders im Blickfeld steht hier Josef Ratzinger, welcher in dieser Zeit erst Erzbischof, dann Papst war. Manfred Lütz wird im weiteren Verlauf des Streitgesprächs bei Markus Lanz (ZDF) oft ein unfreiwilliger Verteidiger gegenüber Dr. Christiane Florin, die einen unerschütterlichen Standpunkt hat: Alle konnten klar sehen, „wie Josef Ratzinger reagiert hat, wenn er Kritik ausgesetzt war: Er war es nicht, er war nicht zuständig, er war schlecht beraten, er war schlecht informiert.“ Aber der damalige Erzbischof war in jedem Fall verantwortlich.
Die katholische Kirche ist und war eine hierarchische Ordnung: Alles stand unter seiner Verantwortung, egal welche Entscheidungen getroffen wurden. In dem belastenden Dokument heißt es ganz klar, der Priester darf nicht bei Kindern eingesetzt! Warum hat sich niemand darum gekümmert, in welche Gefahr die Kinder gebracht werden? Besonders innerhalb einer moralischen Instanz, die die Kirche ja sein möchte.