Markus Lanz hilft Jörg Meuthen, sich im ZDF wieder als Reformer inszenieren
Frankfurter Rundschau
Bei Markus Lanz im ZDF debattieren die Gäste über den Ukraine-Konflikt, die Klimapolitik und den Zustand der AfD. Ex-AfD-Chef Jörg Meuthen darf mitdiskutieren. Unsere TV-Kritik.
Hamburg - Der Mittwochs-Talk bei Markus Lanz (ZDF) hatte einen bunten Strauß an Themen parat. Neben dem Ukraine-Russland-Konflikt, der Energiewende bzw. Klimapolitik sollten die Gäste auch den Zustand der AfD debattieren. Der kürzlich erst aus der extrem rechten Partei ausgeschiedene Jörg Meuthen war mit von der Partie. Es ist in den letzten zwölf Monaten bereits das dritte Mal, dass sich der Ex-AfD-Chef beim so verhassten öffentlich-rechtlichen ZDF-Talk präsentieren durfte.
Nun könnte man sagen, wer hätte nicht tiefere Einblicke in den Zustand der AfD, wenn nicht ein ehemaliger Insider? Jörg Meuthen ist jedoch ein spezieller Fall. In der Vergangenheit hatte der „Rechtsextreme im Professoren-Look“ (Stephan Hebel) sich stets als „gemäßigter“ AfDler zu inszenieren versucht, wobei dieses Wording regelmäßig von Teilen der Medien übernommen wird. Entsprechend wurde Meuthen bei Markus Lanz (ZDF) auch als einer vorgestellt, dem „irgendwann klar wurde, dass die AfD eine immer extremere, rechte Partei wurde“. „Wann kippte das?“, fragte Lanz.
Dem Moderator kann geholfen werden: 2017 reagierte der sogenannte „Gemäßigte“ auf Alexander Gaulands Forderung, die damalige Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz „nach Anatolien zu entsorgen“, mit den Worten: „Überhaupt, Ihre Bescheidenheit, nur diese eine Person entsorgen zu wollen, erscheint mir hier ausnahmsweise unangebracht.“ Im selben Jahr äußerte er beim deutschnationalen „Kyffhäuser-Treffen“, dass der Höcke-Flügel „integraler Bestandteil“ der AfD sei.
„Gemäßigt“, zu diesem Schluss könnte auch das ZDF gelangen, war an Meuthen nie irgendetwas, außer vielleicht seiner Rhetorik. Dennoch durfte er sich und seinen Abgang ab Minute 49 erklären. Journalistin Nadine Lindner vermutete zunächst, dass die Hochstufung der AfD als Verfassungsschutzfall Grund für dessen Ausscheiden gewesen sei. Sie sprach von seiner derzeitigen medialen Dauerpräsenz und einem „Reputationsmanagement“, das dafür sorgen könnte, Meuthen mit weißer Weste für eine weitere politische Karriere auszustatten.
Meuthen hingegen hielt es für „eine glückliche Fügung“, dass er das bei Markus Lanz „aufklären“ könne. „Frau Lindner, Sie irren“, mit dem Verfassungsschutz habe das nichts zu tun. Vielmehr sei seine Entscheidung „langfristig gereift“ und habe ihm schlaflose Nächte bereitet. Warum er die Partei immer wieder verteidigt habe, wollte Lanz wissen. Schließlich hatte Meuthen im März 2021 die AfD noch als „bürgerlich-konservativ-freiheitliche Partei“ bezeichnet. Darauf wollte der Ex-AfDler nicht konkret eingehen.